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Bayerische Staatsoper

10. / 11.02.2017

Richard Strauss
'Elektra'
'Der Rosenkavalier'

 

 

'Ungetrübte Glückseligkeit'

Wenn in einem bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Opernhaus 2100 Menschen so andächtig lauschen und schauen, als sei niemand anwesend, dann kann es sich wohl nicht um eine Aufführung des deutschen Regisseurstheaters handeln, durch das die Häuser leergefegt sind und Zuschauer wütend und türenschlagend flüchten.

Nein, es ist eine Inszenierung von
Otto Schenk aus dem Jahr 1972 in den traumhaft schönen Bühnenbildern von Jürgen Rose.

Zum Treffen der ehemaligen Ensemblemitglieder der Bayerischen Staatsoper hatten die Freunde des Nationaltheaters geladen, und fast alle anwesenden Kollegen von damals hatten im Rosenkavalier mitgewirkt, so auch ich als Octavian unter Joseph Keilberth.

Eine  Spitzenbesetzung der Besten ihres Fachs:
Anja Harteros, Marschallin, eine bildschöne Frau, die ihre Partie in jeder Nuance beherrscht, mit beseeltem Wohlklang singt, und daher der Liebling des Publikums ist.
Günther Groissböck, ein strammer Ochs im besten Mannesalter, mit markiger Stimme von höchster Höhe - fulminant wie der das 'Heu' aus dem Falsett in die Brust in ein Crescendo steigert - bis zur tiefsten Tiefe wie beim 'keine Nacht dir zu lang' - brutal, gerissen, ein arroganter Adliger und trotzdem sympathisch.


Vielversprechender Nachwuchs aus dem Opernstudio:

Angela Brower mit jugendlichem Feuer, hellstrahlendem Mezzo, bestens studiert, alle Facetten ihrer vielfältigen Partie ausagierend,
Golda Schulz als Sophie, ein gut erzogenes Mädchen, das sich aber gut mit Mut und Entschlossenheit temperamentvoll gegen die Zumutungen von Vater und Bräutigam wehrt. Ihre zauberhafte Stimme strahlt mit einem Goldschimmer, so dass man ihr die besten Wünsche auf den Weg gibt.

Dazu das großartige Sängerensemble des Hauses in bester Spiellaune und ein Orchester, das unter der Leitung von GMD
Kirill Petrenko alle instrumentalen Zauberkünste von Richard Strauss, sowohl filigran wispernd, melodienselig schwärmend und - wenn gefordert - zupackend ausbreitete.

Ein unbeschreiblicher Jubel belohnte das Ensemble, die kampferprobten Kollegen von damals hatten Tränen der Freude in den Augen und wunderten sich, dass ein Intendant, bei dem sich Regie-Jünglinge bei großen Werken tummeln dürfen, solch ein delikates und stimmiges Bühnenbild und solch eine in jeder Sekunde richtige Inszenierung nicht auf einem Scheiterhaufen verbrannt hat.

So schwebten wir alle auf einer Woge ungetrübter Glückseligkeit und schwärmten mit Octavian:
"Da muß ma weinen.
Weil's gar so schön is."
 

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Am Abend vorher gab es harte Kost!

'Elektra' im Bühnenbild und sparsamen Arrangement von Herbert Wernicke.

Da ich einen Platz in der ersten Reihe, leicht links vom Pult, hatte, konnte ich die harte Arbeit des Orchesters und das wilde aufmerksame Dirigat von
Simone Young hautnah verfolgen.

Sängerfreundlich durften
Nina Stemme, gekonnt, differenziert und urgesund als Elektra und Ricarda Merbeth als gleich starke Schwester Chrysothemis vorn an der Rampe vor der riesig hohen Abschlussfläche, die sich für den Auftritt der Klytämnestra und die Schlussszene drehend hob, um eine monströse Freitreppe sichtbar werden zu lassen, agieren und die musikalischen Kraftakte präsentieren, die sonst häufig die Grenzen der Möglichkeiten mancher überschreiten.
Hier zwei Soprane, die aus dem Vollen schöpften.

Doris Soffel war eine elegante Klytämnestra, aber ich gebe zu, durch Jean Madeira, ihre Schönheit und ihren pompösen, abgrundtiefen Alt der damaligen Inszenierung, bei der ich als zweite Magd dabei war, lebenslang geprägt zu sein.

Eindrucksvoll das Schlussbild, wenn sich Orest den roten meterlangen Vorhang, das Herrschersymbol, umlegt und sich mit ausgestreckter Faust als künftiger Gewaltherrscher ausweist.

Das dankbare Publikum belohnte die unvorstellbar strapaziösen Leistungen von Nina Stemme und Ricarda Merbeth mit herzlicher Anerkennung und feierte das Orchester für seine großartige Leistung.

Dass Frau Young keine Spangen oder Klemmen zur Verfügung gestellt bekam, um die rückenlangen, dünnen Haarstränen aus dem Dirigat fernzuhalten, störte auch den optischen Eindruck erheblich.

Aber einem ondit zufolge wollte die Bayerische Staatsoper jemanden, der die Elektra dirigieren konnte.
Darauf, wie sie dabei aussah, nahm die Staatsoper keinen Einfluss und überließ der Dame am Pult ihr eigenes Erscheinungsbild.
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
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