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'Eine Mitteilung an meine Freunde'

Ausgabe Dezember 2017

 

 
 
 

Vorwort zur Dezember-Ausgabe Nr. 12 / 2017

Verschanzt hinter dem Artikel 5 des Grundgesetzes vollziehen die Vertreter des Regisseurstheaters ihr Zerstörungswerk an den über Jahrhunderte vom Publikum geliebten Opern und vertreiben es aus den Theatern.

Belastet vom Trauma nationalsozialistischer Verfolgung unliebsamer Künstler sollte der Artikel 5 Zensur für alle Zeiten ausschließen.
Das ist verständlich und richtig.

Aber dass die Ausdehnung des Freiheitsbegriffs zur Selbstzerstörung einer Kunstform führen würde, konnte 1949 niemand voraussehen.

Zwar grenzt Absatz 2 des Artikels 5 die Freiheit der Kunst ein:

“Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Also  
1. Allgemeine Gesetze
2. Schutz der Jugend
3. Persönliche Ehre

Sollte nun ein mit Recht erzürnter Opernfreund einen Intendanten und seine Regiecrew wegen Vergehen gegen die allgemeinen Gesetze, Vergehen gegen den Schutz der Jugend und Vergehen gegen die persönliche Ehre verklagen wollen, findet er einen unter den honorarbewussten Juristen, der Rechtsbeistand leisten würde?

Die Materie ist ungreifbar, geschmackabhängig, wenig erfolgversprechend.
Bleibt dem Opernfreund nur das Buhgeschrei und die Abstimmung mit den Füßen?

Trotzdem wird sie vom Steuerzahler weiter subventioniert, weil:
Verschwendung von Steuergeldern ist – noch – kein Delikt.


Marie-Louise Gilles

 

 

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Kalenderblätter Dezember
 

 

 



 

Wilhelmine Schröder-Devrient
   ... am 06. Dezember 1804 geboren

Schon als Kind stand sie auf der Bühne, spielte neben ihrer Mutter Sophie Schröder am Burgtheater in Wien, ging mit ihr nach Dresden.
1823 heiratete die damals Achtzehnjährige den Schauspieler Carl August Devrient. Sohn Friedrich wurde 1827 in Dresden geboren, mit ihm spielte der Vater häufig gemeinsam.
1828 ließ er sich von Wilhelmine scheiden; sie arbeiteten aber bis 1834 weiterhin zusammen.

 

 


Für Richard Wagner war sie der Prototyp der dramatischen Sängerin - speziell - des dramatischen Soprans und damit stand sie Modell für alle Brünnhilden, die Isolde, die Kundry. - Sie gestaltete die Senta, die Venus auf der Bühne und brachte sie mit Richard Wagners dramaturgischen Vorgaben in Einklang.

Er erlebte sie als Fidelio-Leonore auf dem Höhepunkt ihrer Künstler-Laufbahn - 'jugendlich, schön und warm, wie nie seitdem auf der Bühne mir ein Weib erscheinen sollte.'
Wörtlich notierte er:
Ein sehr junges Mädchen gab die Leonore; diese Sängerin schien sich aber schon in so früher Jugend mit dem Genius Beethoven's vermählt zu haben. Mit welcher Gluth, mit welcher Poesie, wie tief erschütternd stellte sie dieß außerordentliche Weib dar!“

[Sämtliche Schriften und Dichtungen: Erster Band, S. 184. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 217 (vgl. Wagner-SuD Bd. 1, S. 105)]

Nach dem Gastspiel schrieb er ihr in einem Brief, gab den im Hotel ab, dass von dem Tage an sein Leben seine Bedeutung erhalten habe und wenn sie je dereinst in der Kunstwelt seinen Namen rühmlich genannt hören sollte, sie sich erinnern möge, dass sie an diesem Abend ihn zu dem gemacht habe, was er schwöre zu werden wolle.

Als die Schröder-Devrient dann 1842 in Dresden den Adriano in Wagners 'Rienzi' sang, zitierte sie nach der Vorstellung aus Wagners Brief, den sie - da er ihr offensichtlich etwas bedeutete - aufbewahrt hatte.

In Bezug auf die Isolde schrieb er an König Ludwig II.:
Frau Schnorr übertrifft Alles, was ich erwarten konnte: ich wüsste keine für diese Aufgabe ihr an die Seite stellen zu können: sie ruft mir lebhaft mein Jugendvorbild, die berühmte Wilhelmine Schröder-Devrient zurück. Von ihr wird man lernen können, was eine Tragödin ist!

[Briefe und Briefwechsel in Einzelausgaben: König Ludwig II und Richard Wagner: Briefwechsel, S. 754 / 755. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 24381 (vgl. BW-Ludwig II. Bd. 1, S. 89)]

Und Eduard Devrient zeichnete in seinen Tagebüchern diverse Bemerkungen – nicht gerade schmeichelhafte - über seine Schwägerin Wilhelmine auf:
 

23. Juli 1839

 

Frau Schröder-Devrient war bei uns bis ½ 9, sehr wohl aussehend und angenehm. Therese [Ehefrau von Eduard Devrient] war entzückt von ihr. Es ist eine schöne Natur in ihr verhunzt.

 

 

 

23. Mai 1842

 

Abends ’Werner’. Küstner kam auf die Bühne, machte mir Komplimente und schwatzte noch allerlei. Die Schröder-Devrient trat zu uns und fuhr ihm im Gespräch stets über den Mund, verhöhnte ihn; er ließ es lachend geschehn.

 

 

 

28. Mai 1843

 

Besuch von der Schröder-Devrient. Ich liebe diesen Theaterton der Unterhaltung nicht, noch weniger die zynischen Redensarten, die man kaum einem Manne zugute hält. Ihr Gesang schubertscher Lieder war mir auch viel zu manirieert gewaltsam. Sie ist für die Kunst voll redlichen Eifers, eine tüchtige, großartig geschnittene, aber mir persönlich nicht wohltuende Natur.

 

 

 

23. Februar 1844

 

Abends im Theater ’Der fliegende Holländer’ gehört. […] Die Schröder ist allerdings in eine pathetische Manier verfallen, gibt ihre Momente, die von je  große Wirkungen machten, jetzt überall hin wie kleine Münze. Das nor-
dische Fischermädchen Senta war wenig charakterisiert zwischen ihr und Norma, Armida usw. war in Haltung und Bewegung kein Unterschied. Den ganzen Abend ausgebreitete, viel über den Kopf erhobene Arme. Für das Publikum aber war genug da, es zum Entzücken zu verpflichten; aber sie ist nur einmal abgeurteilt, sie sei alt, habe keine Stimme mehr usw. Dies wundervolle Talent muß auf der Höhe seiner Kraft hier nah am Ausladen stehn. So fand ich die Stimmung im Publikum. Und für solch Lumpenpack gibt man nun sein Leben hin.

 

 

 

29. Februar 1844

 

Zu Hause fand ich die Schröder-Devrient, die aus Leibeskräften zuredete, nach Dresden zu kommen, und Lüttichau gegen alle Beschuldigungen in Schutz nahm. Sie behauptete, dass gerade meine Natur die der seinigen zusagende sei, dass er meiner bedürfe, dass er selbst aus Eigensinn, da er meine Berufung gemacht, mich in jeder Weise auf dem Posten erhalten werde. Das ist ungefähr, was ich mir auch im Stillen sage, aber wird es sich erfüllen. Wüsste ich das, nichts sollte mich von Dresden zurückhalten.

 

 

 

19. März 1844

 

Ich trieb mich im Theater eine Stunde lang umher, geriet in die Garderobe der Schröder-Devrient, der ich erzählte, dass ich die Oberregie auch über die Dresdener Oper übernehme, wofür sie mir an den Hals flog und mich abküsste, dass ich ganz verdutzt stand.

 

 

 

19. März 1845

 

Abends Carl – er war unerwartet angekommen – und Fritz bei uns. Wir waren ganz munter im Austausch von Erinnerungen aus unserer Kinderzeit. Zuletzt teilt Carl mir allein seine Absicht mit, von seiner geschiedenen Frau Wilhelmine Schröder-Devrient gewisse Erziehungsgelder zu reklamieren. Mir ekelt vor dieser stets wiederkehrenden Rupferei. Er wollte von mir Nachweise und Erklärungen, die zu befürchtende Gegenreklamation entkräften zu sollten. Ich hatte ihm solche nicht zu geben und suchte ihn von seiner Absicht abzubringen zu Ehren unseres Namens. Er scheint, er wird die Suche ruhen lassen.

 

 

 

6. November 1845

 

Abends im Theater ’Fidelio’. Tote, geistlose Aufführung, selbst die Schröder-Devrient war komödiantisch allgemein und sang nicht gut.

 

 

 

16. Februar 1846

 

Abends mit Marie in ’Alceste’. Frau Schröder-Devrient in vieler Hinsicht vortrefflich, aber sie war nicht einmal sicher in der Partie, fehlte in wichtigen Momenten, hatte also auch die Rolle durchaus nicht reiflich studiert, wodurch sie nun in ihrer gewohnten monoton pathetischen Manier hinging. Alle Momente des fortreißenden Ungetüms der Leidenschaft blieben aus, sie verschleppte die Tempi, weil ihre Stimme nicht frisch anschlägt – welch ein Abstand gegen die Milder!

 

 

 

27. März 1946

 

Abends mit Terese und Marie die Schröder-Devrient als Lucrezia Borgia gesehen. Es ist nicht anders, dies große Talent ist kalt geworden und steht jetzt außerhalb ihrer Darstellungen, zeigt eine Reihe von Akzenten und Stellungen, die sie in ihrer guten Zeit erfunden, und die ihr von dieser als beifallswürdig bekannt sind. Die Momente der äußersten Leidenschaft sind immer noch durch ihre Energie erschütternd.

 

 

 

6. Februar 1847

 

Abends in ’Acosta’ gespielt. Danach war Schauspielerball. Ich saß zwischen Frau Schröder-Devrient und Kapellmeister Wagner, mit dem ich viel über den Entwicklungsprozess des deutschen Geistes und des deutschen Dramas sprach.

 

 

 

24. Februar 1847

 

Abends ’Iphigenie in Aulis’ gehört. Wagner hat schöne Blasinstrumente dazu gesetzt und den Schluss sehr schön geändert. Der 2. und 3. Akt prachtvoll. Tichatscheck, Frau Wagner [Johanna Wagner, Nichte von Richard Wagner] exzellent gesungen, die Schröder-Devrient erst im letzen Akte, aber da auch in voller Größe. Mitterwurer als Agamemnon nobel, aber matt; er bleibt zu sehr hinter der Aufgabe zurück.

 

 

 

9. Juni 1847

 

Abends bei Hillers. Die Schröder-Devrient machte mir lange Vorwürfe, dass ich die Regie aufgegeben und damit das Beispiel eine besseren Leitung für ganz Deutschland, sprach dann von ihrem Aufgeben der hiesigen Verhältnisse und beschwerte sich gerade über Wagners durchgreifende Leitung bei der Oper, derer es sich nun einmal energisch annimmt, während sie bedauert, dass meine Leitung vorüber sei. Welche Konfusion in diesen Köpfen vor bloßer Selbstsucht.

 

 

 

18. August 1848

 

Mit Therese und Marie [Tochter von Eduard Devrient] auf der Ausstellung. Bega’s Portrait von der Schröder-Devrient ist ein Meisterwerk. Wie hat er die ganze Geschichte des Weibes in der schönsten Weise auf dies Gesicht geprägt.

 Richard Wagner, der in finanzieller Hinsicht anfangs seines Lebens stets Klamme musste, als Wilhelmine Schröder-Devrient im August 1846 einen alten Schuldschein einklagte, bei der Hofintendanz in Dresden ein Darlehen von fünftausend Talern aufnehmen, rückzahlbar in zehn Jahresraten bei fünfprozentiger Verzinsung.

Wilhelmine Schröder-Devrient, sang seinen Adriano, die Senta und die Venus in den Dresdner Uraufführungen von ’Rienzi’, ’Fliegender Holländer’ und ’Tannhäuser’; seit 1850 mit dem Gutsbesitzer H. v. Bock verheirtet, der vierzehn Jahre jünger war als sie und dem sie in seine livländische Heimat folgte.

1849 beteiligte sie sich nicht unmittelbar aktiv am Aufstand in Dresden, doch wurde sie zeitweilig verhaftet und musste das Land verlassen.

Die Amouren, die sie sich erlaubte, ruinierten ihre finanziellen Möglichkeiten und die vielen Auftritte in dramatischen Rollen überforderten ihre Möglichkeiten, dass sie sich stimmlich schadete. Später meinte Richard Wagner:

Nein! Sie hatte gar keine »Stimme«; aber sie wußte so schön mit ihrem Athem umzugehen und eine wahrhaftige weibliche Seele durch ihn so wundervoll tönend ausströmen zu lassen, daß man dabei weder an Singen noch an Stimme dachte!“
(Richard Wagner: ’Über Schauspieler und Sänger’, Leipzig 1872)

 

       

                                                                                                              

 



 

Ursula Grabley
... am 08. Dezember 1908 geboren

Gelernt hatte sie modernen Tanz bei Rudolf von Laban.

Nach ihrer Ausbildung  war sie in Hamburg an den Kammerspielen, in Berlin an der Komischen Oper, am Deutschen Theater engagiert.

Immerhin hatte sie bis 1939 schon in 28 Filmen mitgewirkt.

 

 

Ihr erster war die Verfilmung des Zuckmayer-Stückes 'Katharina Knie' in der Regie von Karl Grune als Stummfilm von 1929 mit Eugen Klöpfer als der alte Knie, Carmen Boni als seine Tochter Katharina Knie, Adele Sandrock als Bibo, Fritz Kampers als Trapezkünstler Ignaz Scheel und Viktor de Kowa - mit dem sie seit 1926 verheiratet war - als Lorenz Knie.

Es folgte u.a. der Historienfilm 'Der schwarze Husar' von Gerhard Lamprecht mit Conrad Veidt als Rittmeister Hansgeorg von Hochberg und Wolf Albach-Retty als Leutnant Aribert von Blome.

1935 war sie im Abenteuerfilm 'Der Dschungel ruft' von Harry Piel mit Paul Henckels als Prof. Johannes Helmer und Alexander Golling als William Edwards dabei.

1936 kam 'Ritt in die Freiheit' von Karl Hartl mit Willy Birgel als Graf Julek Staniewski, Viktor Staal als Jan Wolski und Hansi Knoteck als Janka Koslowska.

1938 produzierte Harry Piel 'Der unmögliche Herr Pitt' mit sich selbst in der Titelrolle und Hilde Weissner als Lucienne Pitt.

1939 drehte sie 'Hurra! Ich bin Papa!' in der Regie von Kurt Hoffmann mit Heinz Rühmann als Peter Ohlsen, Albert Florath als Ludwig Ohlsen und Carola Höhn als Kathrin Gebhardt.
Der Film war ein Beitrag zur NS-Bevölkerungspolitik, einer Aufforderung zur Kinderfreudigkeit.
Sich dann aber mit dem Reichspropagandaminister anzulegen - in welcher Form auch immer - konnte zumindest die Karriere behindern.
So kam es dazu, dass sie ab 1939 nur wenig im Film Beschäftigung fand.
1940 kam noch der Film 'Zwielicht' heraus mit dem 'Reichsjägermeister' als Gemälde im Szenenbild.

Danach spielte sie Theater und wurde auch an Frontbühnen wie der 'Nadolle' beschäftigt
Nach dem Krieg war sie am Deutschen Theater in Göttingen engagiert und wieder beim Film. Insgesamt sah man sie nach 1945 in 20 Kino- und TV-Produktionen.
Sie starb 1977 auf der Bühne während einer Tourneevorstellung von 'Endstation Sehnsucht'
.

 

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Elisabeth Schwarzkopf
   .
.. am 09. Dezember 1915 geboren

 

Ihre Marschallin, ihre Fiordiligi, ihre Elvira sind unvergessen - ihre 'Auftritte' GesangschülerInnen gegenüber - als zum Teil unerträglich eingeordnet - ebenso.

 

Elisabeth Schwarzkopf - Die Biografie - bei Langen Müller

 

 

Mit Walter Legge verheiratet, saß sie an der Quelle der Möglichkeiten, mit Schallplatten Geld zu machen.
Er war es auch, der meinte, seine Frau habe der Flagstad für eine Isolde hohe Cs geborgt.

Am 26.1.1940 stellte sie - als Mitglieder der Berliner Lindenoper - den Antrag auf Aufnahme in die NSDAP, dem bereits am 1.3.1940 mit der Mitgliedsnummer 7548960 stattgegeben wurde.
Nach dem Krieg behauptete sie, in 'die Partei gezwungen' worden zu sein - ihr sei es immer nur um die Kunst gegangen. Und ihr Vater habe sie gedrängt, der NSDAP beizutreten.
Immerhin war sie 1941 bei einer von KdF organisierten und vom Reichspropagandaministerium veranstalteten 'Fledermaus'-Produktion in Paris mit von der Partie, sang 1942 in Posen Lieder von Pfitzner und war bis 1944 zu nationalsozialistischen Zeiten in verschiedenen Filmen wie 'Drei Unteroffiziere' beschäftigt.

1947 sang sie wieder in Wien, ging mit auf Tourneen der Staatsoper - so nach London, wo Richard Tauber noch einmal als Ottavio auftrat.

1951 war sie schon bei den ersten Bayreuther-Festspielen nach dem Krieg als 'Evchen' dabei - kurz darauf sang sie in der Uraufführung von Strawinskis 'The Rake's Progress' in Venedig die Anne Trulove.

 

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Salome
 am 09. Dezember 1905 uraufgeführt


'Eine Operette mit tödlichem Ausgang.'

In der Schlussszene - ein Spruch, der öfter Verwendung fände, wäre er mehr im Volksmund verhaftet:
'Man töte dieses Weib!'

 


Strauss zögerte nicht, suchte nicht nach einem Librettisten, sondern nahm die Lachmann'sche Übersetzung der Wilde'schen Dichtung und komponierte ein Werk, das deutlich eine Gegenüberstellung von Askese und Sinnlichkeit auch in der Musik ermöglicht.
Er hatte lange schon beanstandet, dass in den großen Orient- und Judenopern des vergangenen Jahrhunderts das Kolorit und die sonnendurchglühte Landschaft fehle.
Es gelang ihm, das Flirren der Luft 'am Abend, da es kühle ward' musikalisch zu verdeutlichen.

Das Gieren der 'Tochter der Herodias' nach dem 'Kopf des Jochanaan', aufgestachelt durch die blutschänderische Mutter, die Geilheit des Tetrachen - sind in einer Stunde und fünfundvierzig Minuten zusammengefasst.

In Berlin sah er 1902 Wildes Schauspiel mit Gertrud Eysoldt als Salome.
Dresden erlebte die Uraufführung des Straussschen musikalischen Dramas in einem Aufzuge - die damals schon reife Marie Wittich, immerhin 37 Jahr alt, sang die Titelrolle - und Wilhelm II. meinte 1907 nach der Vorstellung des Werkes in Berlin, Strauss habe sich mit der 'Salome' sehr geschadet, worauf der Komponist antwortete, er habe sich von dem 'Schaden' die Villa in Garmisch bauen können.

 


'Ich hatte schon lange an den Orient- und Judenopern auszusetzen, daß ihnen wirklich östliches Kolorit und glühende Sonne fehlt. Das Bedürfnis gab mir wirklich exotische Harmonik ein, die besonders in fremdartigen Kadenzen schillerte, wie Changeant-Seide.

Der Wunsch nach schärfster Personencharakteristik brachte mich auf die Bitonalität, da mir für die Gegensätze Herodes - Nazarener eine bloß rhythmische Charakterisierung, wie sie Mozart in genialster Weise anwendet, nicht stark genug erschien. Man kann es als ein einmaliges Experiment an einem besonderen Stoff gelten lassen, aber zur Nachahmung nicht empfehlen.'

Richard Strauß - 'Betrachtungen und Erinnerungen' - 1942 - herausgegeben von Willi Schuh.

 

Eine der berühmtesten und auch eigenwilligsten Sängerinnen der Rolle war Mitte des vorigen Jahrhunderts:
Ljuba Welitsch

http://youtu.be/rjD8NSGDuu8

 

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Hektor Berlioz
... am 11. Dezember 1803 geboren


Mit ihm, dem Musiktheoretiker und Komponisten setzte sich Wagner schon in seiner ersten Pariser Zeit auseinander, als dessen 'Symphonie funèbre et triomphale' zum zehnten Jahrestag der Juli Revolution von 1830 aufgeführt wurde.

 

 

Persönlich begegneten sich die beiden Vertreter der damals zeitgenössischen Musik erst in London, als Wagner dort Konzerte dirigierte.

Wagner hat mit Sicherheit sehr viel von Berlioz und dessen Instrumentierungskunst profitiert, erhalten sind Schriften an und über Berlioz, wobei das Schreiben an Liszt vom 9. September 1852 entscheidende Passagen enthält, die heute von den Musiktheatermachern - ohne Widerspruch der ehemaligen Präsidentin von Richard-Wagner-International - benutzt werden, um ihrem Wirken freie Hand zu geben.

Interessant in dem Zusammenhang, dass auf Betreiben der ehemaligen externen Lehrbeauftragten der HMTMH und nunmehro Frau Präsidentin RW-International außer Diensten, sich der RW-Verein auferlegt, in keinem Fall die Qualifikation von Richard Wagners Urenkelin Katharina Wagner in Bezug auf inszenatorische Fähigkeiten in Frage zu stellen.

Da ist doch einfach lächerlich.
Alle Welt kritisiert das Inszenierungs-Gemurkse in gerade in BT.

Da wie dort - siehe SZ vom 27. Juli 2011 - wird behauptet, Richard Wagner meine mit 'Kinder, macht Neues' Theaterproduktionen seiner Werke im Sinne von Verfälschung unter gleichzeitiger Steuergeldverschwendung zu produzieren.

Im Gegensatz dazu hebt er darauf ab, Berlioz möge die ständige Bearbeitung seines 'Bevenuto Cellini' unterlassen - er solle lieber etwas Neues schreiben.

Das 'Kinder, macht Neues' wurde im Nordbayerischen Kurier am
16. Januar 2012

’Freunde von Bayreuth: Regie-Ideen vergraulen Mäzene’

von Internet-Nutzern wie folgt kommentiert:
 


#1 |
fauxpas   16.01.2012, 17:44 Uhr

"Kinder, schafft Neues!" (Richard Wagner) -
Wer immer nur das ewig Gestrige sehen will, kaufe sich eine DVD!
 

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#2 |
tristan   17.01.2012, 11:41 Uhr

Und dabei meinte er bekanntlich:
Schafft neue Werke!
Wussten Sie das nicht?
Was lernt man eigentlich in den deutschen Schulen?

Als Norweger bin ich erstaunt über das niedrige Niveau.
Dagegen hat Wagner gesagt, man solle seine Werke geben so wie er sich es vorgestellt hat.
Wer das nicht kann oder will, soll es lassen, sagt er.
Also keine freie Bahn für narzisstische Regisseure.
Ich schlage vor, Sie halten sich zu RTL, Sat1 und anderen Sendern
, die zu Ihnen passen.
 

Ein Ausländer muss darauf hinweisen, wie falsch hochdotierte Redakteure in ihren Aussagen - wie die am 27. Juli 2011 in der SZ - liegen.

 

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Maria Koppenhöfer

 ... am 11.12.1901 geboren

Schon mit 24 Jahren wurde sie ans Deutsche Theater Berlin und 1926 ans Preußische Staatstheater Berlin verpflichtet. Sie spielte derbe Mütterrollen als auch Königinnen und Damen der Gesellschaft.
Verheiratet war sie mit dem Regisseur Julius Halewicz, der dann ab 1933 im Exil leben musste.

Alfred Kerr schrieb am 6. Februar 1928 im Berliner Tageblatt über die Koppenhöfer in Hauptmanns ’Die Weber’:
“Und die Koppenhöfer – eine Wucht, ein Schrei.“

Gleich mit der Erfindung des Tonfilms wurde sie für:
•  1931: Opernredoute (Regie: Max Neufeld)

•  1931: 24 Stunden aus dem Leben einer Frau (Robert Land)

•  1932: Unheimliche Geschichten (Richard Oswald)

•  1932: Rosmarin im Glück (Richard Löwenbein) (Kurzfilm)

•  1932: Das erste Recht des Kindes (Fritz Wendhausen)

engagiert.

In der NS-Zeit wirkte sie in 33 Filmen mit.
 

1933 unter dem Titel 'Flüchtlinge' über Wolgadeutsche, die angeblich 'heim ins Reich' wollten inszeniert von Gustav Ucicky mit Hans Albers als Arneth, Käthe von Nagy als Kristja Laudy, Eugen Klöpfer alsl Bernhard Laudy, Ida Wüst als Megele und Veit Harlan als Mannlinger.

 

1935 dann 'Friesennot' - eine Friesengemeinschaft an der Wolga bringt zur Verteidigung der Reinheit der Rasse Rotgardisten um - von Regisseur Willi Krause mit Friedrich Kayßler als Jürgen Wagner und Hermann Schomberg als Klaus Niegebüll.

 

1937 'Der Herrscher' – eine Hitlerhuldigung nach dem Schauspiel von Gerhart Hauptmann 'Vor Sonnenuntergang' von Veit Harlan, Regie mit Emil Jannings als  Matthias Clausen, Marianne Hoppe als Inken Peters, Hilde Körber als Bettina Clausen, Käthe Haack als Ottilie Klamroth.

 

1940 der antibritische Film 'Das Herz der Königin' von Carl Froelich, Regie mit Maria Koppenhöfer als Elisabeth I., Zarah Leander als Maria Stuart, Willy Birgel als Lord Bothwell, Lotte Koch als Johanna Gordon, Axel von Ambesser als Henry Darnley, Will Quadflieg als Page Olivier, Hubert von Meyerinck als Sir John, Erich Ponto als Gaukler und Ursula Herking als Mitglied der Gauklertruppe.

 

Auch im Jahr 1940 der Film 'Bismarck', mit dem die Nazis eine Verbindung des ehemaligen Reichskanzler Bismarck zu Hitler herstellen wollten.

Regie führte Wolfgang Liebeneiner mit Paul Hartmann als Otto von Bismarck, Friedrich Kayßler als Wilhelm I.

Maria Koppenhöfer spielte die Königin Augusta,

Walter Franck war Kaiser Napoleon III., Lil Dagover die Kaiserin Eugénie und Käthe Haack die Johanna von Bismarck.

 

Vor Kriegsende war sie noch in 'Wetterleuchten um Barbara', dem Heimatfilm um die Befreiung Österreichs und in 'Tiefland', für den Leni Riefenstahl mehrere Jahre zur Herstellung benötigte, beschäftigt.


1934 erhielt sie den Titel Staatsschauspielerin

Nach dem Krieg übernahm sie Bühnenrollen in Frankfurt und in München.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44419961.html

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Uraufführung von Bergs 'Wozzeck
 ... am 14. Dezember 1925

Karl Emil Franzos, ein jüdischer Jurist und Journalist - er schrieb für die Freie Wiener Presse Rezensionen und Reiseberichte - gab 1879 die Werke 'Dantons Tod', 'Leonce und Lena' und 'Woyzeck' - letzterer in seiner Bearbeitung - des damals schon in Vergessenheit geratenen deutschen Dichters Georg Büchner heraus.

 


Alban Berg sah das Werk 1914 im Wiener Residenztheater und begann sehr bald mit der Komposition, die er aber bis zum Ende seiner Militärzeit zurückstellte.

Mitte Oktober 1921 war das Werk beendet und wurde 1922 als Privatdruck von Alma Mahler-Werfel herausgegeben.

 

Bergs 'Wozzeck' ist die erste atonale Oper, sie schließt an die großen Musikdramen Wagners und Strauss an, bildet einen Bogen zu Schreker und sieht sich der Musik von Gustav Mahler verpflichtet.

’Wozzeck’ ist der Klassiker der Moderne und hat sich unter den ganz wenigen Opern aus gleicher Entstehungszeit auf den Bühnen gehalten

 

Auszüge wurden 1924 in einer Privatveranstaltung in Frankfurt am Main aufgeführt. Die Uraufführung dirigierte Erich Kleiber 1925 an der Lindenoper in Berlin.

Bergs Musik war nach 1933 als ’Verfallskunst’ verfemt.
Seit 1935 auf der Liste der ’Musik-Bolschewisten’ der NS-Kulturgemeinde.

http://www.telezeitung-online.de/
Damals_in_Regensburg_06.01.2009_Bemerkungen_zu_%27Wozzeck%27_final.htm

 

       

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Alfred Kerr

 ... am 25. Dezember 1876 geboren

Er war der schärfste Kritiker des Berliner Tagblatts, er entschied, wer, mit was, in welcher Rolle, in welchem Stück, mit welcher Darstellung Möglichkeiten hatte und befand sich oft in einer gegensätzlichen Position zu Herbert Ihring.

Über Zuckmayers Theaterdebut schrieb er: “Dieser heillose Lyriker wird niemals einen auf der Bühne sprechbaren Satz hervorbringen“.

 


Zuckmayer selber bezeichnete Kerr, “der gefährlichste Scharfschütze, dessen Daumen auf- oder abwärts über Tod und Leben des neuen Dramatikers entscheiden konnte.“

Max Brod über Kerr: “In den Kritiken fällt er fast so viele Fehlurteile wie Karl Kraus. Das haben die beiden Todfeinde miteinander gemein.“

 

Er nannte Brecht am 7. Februar 1931 im Berliner Tageblatt ein 'zusammenhangloses Kleintalent'.

Kerrs Ablehnung gegenüber Brecht ging dann soweit, dass er eine Plagiatsdiskussion auslöste.

Der Text der 'Dreigroschenoper' beinhalte Originaltexte von François Villon. Der Übersetzer werde aber nicht genannt.

 

Brecht konterte, er habe tatsächlich 25 Texte der insgesamt 625 Verse des Stückes verwendet - er habe aber vergessen, den Übersetzer Karl Anton Klammer anzugeben und im Übrigen erkläre er das mit seiner grundsätzlichen Laxheit in Fragen geistigen Eigentums.

 

Als Brecht allerdings 1942 feststellen musste, dass eine gemeinsam mit Elisabeth Bergner entwickelte Story hinter seinem Rücken an ein Filmstudio für 35.000 Dollar verkauft worden war, fand er das - 'ehrenrührig'.

 

Kerr floh bereits am 15. Februar 1933, also unmittelbar nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933, über Prag, Wien, Zürich nach Paris.

 

Ab 1935 lebte er in London und war für die BBC tätig, agitierte per Radio gegen Nazi-Deutschland.

In Meyers Lexikon stand 1939 über Kerr:
“Jude, Literaturpapst im Novemberdeutschland, Musterbeispiel eines zersetzenden Theaterkritikers um der Kritik willen, übte einen verderblichen Einfluss auf die Literaturentwicklung aus.“

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Marlene Dietrich
 .... am 27. Dezember 1901 geboren

Es war 'Der Blaue Engel', der ihren Weltruhm begründete.

Goebbels hätte sie gerne aus den USA zurückgeholt - sie aber hielt an der neuen Heimat fest - bekam 1939 einen amerikanischen Pass und machte während des Krieges Truppenbetreuung für die US-Soldaten.

 

 

 

Ihr Besuch in der Bundesrepublik war 1960 überschattet von Vorwürfen, sie habe ihr Heimatland durch das Fernbleiben im Dritten Reich verraten.

Als ein Ei, das ein Zuschauer warf, sie traf, meinte sie, vor einem Deutschen habe sie keine Angst, eher davor, die Flecke aus ihrem Abendmantel nicht mehr herauszubekommen.

 

 

 

 Thea Dorn -
'Marleni'
 Zwei Männer - zwei Diven


Gisela Uhlen und Gisela Mai, zwei große Damen des deutschen Theaters und Films schmachten, schmeicheln, schnurren auf CD die Diven Marlene Dietrich und Leni Riefenstahl.

Und im Regensburger Turmtheater?
Sie gurren kaum, sie schnurren kaum, sie murren kaum, sondern schmettern lauthals in einer szenischen Fassung Thea Dorns Text ins Publikum.

Hat Christian Hettkamp und Jens Schnarre, die beiden talentierten niemand kontrolliert und gebremst?
Voller Saft und Kraft, ohne das, was zwischen den Zeilen steht, rezitieren die beiden an den gemeinten zwei Neunzigjährigen vorbei.
Zu zügig wird der Text absolviert.

Ganz selten gelingen leise, atemlose Töne.
Warum haben die beiden nicht mehr in die eingespielten Tondokumente hineingehört, oder wollte man unbedingt Männer in den Rollen der beiden Legenden heraushängen lassen?

Sollte es auf keinen Fall Travestie werden?
Eine alte Frau nur über die Modulation der Stimme darzustellen, ist doch schon eine lmprovisationsübung bei der Aufnahmeprüfung an einer Hochschule.
Hettkamp gelingen noch am ehesten die zickigen, hysterischen Töne der Riefenstahl.

Schnarre ist zwar von der Tongebung eher die Dietrich, aber es fehlt das von der alten Diva bekannte Geraune.
Wollte man nicht imitieren?

Ein Konzept ist nicht erkennbar.
 

 

 

 

 

 


Marlenes Schwester Elisabeth, ein schüchternes, ordnungsliebendes, braves Mädel, kam 1900 zur Welt und zwischen Marlene, die keck und von sich als Herausragende überzeugt, klafften Welten.
Die Jüngere nannte ihre Schwester später den ’Tugendmoppel’, der sich anpasste und so gar ihren Beruf als Lehrerin gemäß den Weisungen des autoritären Ehemanns aufgab.

Mit ihm, Georg Hugo Will, übernahm Elisabeth die Leitungs des Truppenkinos in Bergen am Rande der Lüneburger Heide.
Während Marlene die amerikanischen Truppen weltweit mit ihren Auftritten erfreute, spielte die ältere Schwester die NS-Filme - in dem Heide-Kino, das nach dem Krieg für die englischen Besatzungstruppen bis 1950 weiterbetrieben wurde - zur Betreuung der deutschen Soldaten.
Trotz aller Gegensätze blieben die beiden sich gut. Marlene versorgte die Schwester sogar mit Luxusgegenständen, dass die ältere Schwester im schicken Pelzmantel in Bergen, nahe dem KZ, wo Anne Frank ums Leben kam, einhergehen konnte.

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Fortsetzung von Seite 16, Heft elf, November-Ausgabe

Lohengrin
Die Quellen - Literarische und historische Grundlagen

 

Richard Wagner war nicht nur durch die Lektüre über das Mittelalter stark mit Glaubensfragen in Berührung gekommen. Seine ganze Erziehung spielte sich sehr im Schatten der Kirche ab, die ihren Einfluss durch die eigene Familie oder den Aufenthalt als junger Mensch in einer Pastorenfamilie sich prägend ausgewirkt hatte.

Nimmt man vor allem seine Briefe, auch die an seine Frau Minna, so treten immer wieder Aussprüche zu Tage, die offensichtlich einen starken christlichen Glauben dokumentieren.

 

“ [...] - komm zu mir, grüße Weib u. Kind, fürchte Vater u. Mutter, und Gott gebe mir seinen Segen” [...]”

(Magdeburg, 15. September 1834)

 

“ [...] Bewahre uns Deine Treue u. Liebe, u. wir wollen Dir wie einem Heiland danken u. unsre besten Gefühle opfern! - [...]”

(Magdeburg, 20. September 1835)

 

“ [...] - so etwas muß man vollends zusammen besprechen. Wir meinen es ja gut, warum soll uns denn Gott verlassen? - [...]”

(Magdeburg, 12. November 1835)

 

“ [...] Adieu, - Gott sei mit Dir, mein liebes Weib. [...]”

(Berlin, 20. Juni 1837)

 

“ [...] sie hat ihr Wort schon gelöst! Gott segne Euch u. gebe Euch eine glückliche Reise! [...]

“ [...] auch könnt Ihr eine Nacht in seinem Hause ausruhen u. schlafen. Das wird Euch auch wohl thun. Befolgt dies also ja genau. - Mit Gott, euer Richard.”

Riga, 9. September 1837

 

“ [ Nun mein alter treuer Freund, - ich habe Probe, - nimm mit diesem Kurzen vorlieb, zu was einen Langen? Behüte Dich Gott, sei mir nicht böse, u. gedenke freundlich Deines Richard W.”

(Riga, 17. September 1837)

 

“ [...] ob es die Möglichkeit sei, binnen 50 Jahren, so Gott mir das Leben schenkt, ihn auf die Berliner große Oper zu bringen. [...]”

(Riga, 12. November 1838)

 

“ [...] Die schreckliche Nachricht von dem elenden Tode des armen Herzogs von Orleans hast du wohl erfahren! Ist das nicht fürchterlich - ich habe um ihn mich der Thränen nicht enthalten können! - Gott gebe uns ein besseres Ende! [...]”

 

“ [...] Jetzt packe ich es ein und schicke es sogleich durch die Leipziger Handlung ab. - Nun, Gott gebe, daß Ihr alle recht wohl seit: [...]”

(Dresden 25. Juli 1842)

 

“ [...] Wie steht es mit Anders? Gott mit Dir, schlechter Kerl! [...]”

(Dresden 26. Februar 1843)

 

“ [...] Wenn du ganz bei mir wärest!

Gott behüte Dich! Leb wohl! Leb wohl! Sei gesund und heiter! [...]

(Dresden 02. Juni 1843)

 

“ [...] so würden Sie mich durch eine baldige günstige Nachricht recht sehr freuen. Gott erhalte Sie und beschere Ihnen recht bald einen famosen Operntext! [...]

 

“ [ Im Januar war ich in Berlin u. dirigierte den Holländer. Das weißt Du wohl? - Gott behüte Dich u. die Deinen. [...]”

(Dresden, Februar 1844)

 

“ [...] Also mein innigst verehrter Meister, auf das Glück, Sie bald Auge in Auge begrüßen zu können!

Bis dahin möge Gott Sie wohl und gesund erhalten, damit Sie in unserem reizenden Dresden recht rüstig und wohlgemuht einem schönen Triumphe entgegensehen können! [...]

(Dresden 4. März 1845)

 

“ [...] Er soll sehr willkommen sein! Ach Gott, wenn ein Regisseur krank ist, hat ein Kapellmeister doch schreckliche Sorgen! Gott der Allmächtige erhalte Sie! [...]

(Dresden im Dezember 1845)

(Wagner, Richard, Sämtliche Briefe, Leipzig 1970)

 

Diese Aussprüche liegen vor und noch im Bereich der Entstehung des Lohengrin. Sie sind sicher nicht nur Floskeln am Ende eines Briefes, sondern dokumentieren eine ganz bestimmte Einstellung.

Mit der Bekanntschaft zu Feuerbach, von dem er nach eigenen Aussagen “ [...] bis Aug. 1849 [...] lediglich die ‘Gedanken über Tod und Unsterblichkeit’ zu Gesicht bekommen” haben will, wobei “ [...] schon Rudolf Louis in seinem Werk ‘Die Weltanschauung Richard Wagners (Leipzig 1898) darauf hingewiesen [.habe ] “daß sich W. mit seiner Bemerkung auf die Gesamtausgabe bezogen und durchaus frühere Einzelausgaben gekannt habe.” verlieren sich diese Aussagen, was unbewiesen mit dem philosophischen Gedanken Feuerbachs in Verbindung gebracht werden kann.

(Bauer, Hans-Joachim, Richard Wagner Lexikon, Bergisch-Gladbach, 1988)

 

In RW’s Werken einschließlich dem Lohengrin spielt der christliche Glaube eine Rolle, der auch in den Texten deutlich wird.

 

Rienzi:

“Allmächt’ger Vater blick herab!

Hör mich im Staube zu dir flehn.

[ ...]

O Gott, vernichte nicht das Werk,

das dir zum Preis errichtet steht!

Ach, löse Herr die tiefe Nacht,

die noch der Menschen Seele deckt!

[ ... ]

Holländer:

“Doch kann dem bleichen Manne Erlösung einstens noch werden,

fänd er ein Weib, das bis in den Tod getreu ihm auf Erden! -

Ach! wann wirst du, bleicher Seemann, sie finden?

Betet zum Himmel, daß bald

ein Weib Treue ihm halt!”

 

Tannhäuser:

“Mein Heil! Mein Heil ruht in Maria!”

 

“Allmächt’ger, dir sein Preis!

Groß sind die Wunder deiner Gnade!”

 

Als seine Schwester Rosalie in Prag ein Engagement am Theater antritt, übersiedelt die Mutter mit den Geschwistern nach Prag und Richard Wagner bleibt allein bei Pflegeeltern in Leipzig zurück und bei einem Besuch seiner Familie, trifft er auf  “einige Schöngeister Prags [....] leidenschaftlich unterhielt man sich oft über die Hoffmannschen Erzählungen, welche damals noch ziemlich neu und von großen Eindruck waren. Ich erhielt von hier an durch mein erstes, zunächst nur oberflächliches Bekanntwerden mit dem Phantastiker eine Anregung, welche sich längere Jahre hindurch bis zur exzentrischen Aufgeregtheit steigerte und mich durch die sonderbarste Anschauungsweise der Welt beherrsche.” (ML S. 24)

 

Hier machten auch “die überall wahrnehmbaren Merkmale des Katholizismus, die vielen Kapellen und Heiligenbilder” einen starken Eindruck auf ihn und mischten sich mit den aus der Theaterwelt ihm bekannten Bildern, zumal er diese aus der protestantischen Umgebung seiner bisherigen Erziehung betrachtete.(ML S. 23)

 

Trotz dieser Nüchternheit hatte er doch noch “vor wenigen Jahren mit schmerzlicher Sehnsucht nach dem Altarblatte der Kreuzkirche geblickt und in ekstatischer Begeisterung sich an die Stelle des Erlösers gewünscht.” (ML S. 27)

 

Bei den Vorbereitungen zur seiner Konfirmation ist diese Einstellung allerdings der “Herabstimmung meiner Hochachtung für kirchliche Gebräuche” gewichen und doch bleiben ihm “die Schauer der Empfindung bei Darreichung und empfang des Brotes und des Weines” in unvergesslicher Erinnerung. (ML S. 27)

 

Nicht übernommen in die Text-Dichtung wird die Aussage der Frauenfeindlichkeit des Grals. Die Forschung geht weitgehend davon aus, dass RW sich in die Lage des Lohengrin als unverstandenes Lebewesen hineinversetzt gefühlt haben soll. Einem Wesen, nach dessen Namen und Herkunft man nicht zu forschen habe und das man ungefragt lieben müsse, hier besonders als dem unverstandenen Künstler nach dem nicht durchschlagenden Erfolg des Holländers und des Tannhäusers.

Ob er sich allerdings auch in der Hinsicht dem Lohengrin als einem Gralsritter gleichgestellt sah, dass “wer seinem Dienste geweiht ist, nie der Weibesliebe pflegen” darf [...] dem Könige der Templer Schaar allein ist ein reines Weib erlaubt, damit sein erhabnes Geschlecht sich ewig ungemischt fortpflanze.[...]” darf aufs das Stärkste bezweifelt werden.

Über welche Kenntnisse RW bezüglich der Gralsgemeinschaft und deren sexueller Bedürfnisse und Kontakte sowie des grundsätzlichen Umgangs mit der Außenwelt er zur Zeit der Entstehung des Lohengrin im Detail verfügte, ist aus den Quellen nicht klar ersichtlich.

Um so erstaunlicher ist es, dass er in der Prosafassung derartig einschränkende Vorgaben für die Männergemeinschaft des Grals ausführt, die er dann aber nicht in die Text-Dichtung zur Vertonung übernimmt.

Ob hier homosexuelle Gedanken eine Rolle gespielt haben, kann aufgrund fehlender Nachweise nur spekulativ ausgeführt werden.

 

Der folgende Teil der Prosafassung der Gralserzählung ist in Gänze auch in die Text-Dichtung übernommen worden und wurde auch so vertont, jedoch hat RW am 2. Juli 1850, also nur wenige Wochen vor der Ur-Aufführung am 28.8.1859 in Weimar Franz Liszt als Operndirektor und Dirigent der Ur-Aufführung nach Weimar mitgeteilt, dass er darauf “bestehe” den “zweiten Abschnitt der Erzählung” wegzulassen, da er nach seiner Meinung “einen erkältenden Eindruck hervorbringen” werde. So sollten auch die Textbücher entsprechend korrigiert werden.

(Wagner, Richard, Briefwechsel mit Franz Liszt, Kassel 2000)

 

Nicht nur  - wie bereits in Verbindung mit der Ankunft Lohengrins beschrieben - sollte es allen in Brabant unter Lohengrin materiell besser gehen “ [...] eure Fluren wollte ich mit reichen Früchten schmücken, euer Volk in Liebe und Eintracht groß erziehen, [...]

 

Oder an anderer Stelle “[...] O höret an! Hätt’ ich bei euch verweilen dürfen, mit solchem Segen hätt’ ich dieses Land geschmückt, daß ihr das Himmelreich zu euch herabgekommen hättet wähnen sollen [...]

In der Prosafassung verleiht RW seinem Lohengrin somit die Stellung eines Messias, denn nach dessen Worten wollte er weiter “ [...] euren Herzen den himmlischsten Frieden geben: dies war der Zauber, den ich über euch ausgießen wollte u. dies zu bewirken vermocht’ ich durch die Wunderkraft des Grales.”

 

Und in den Passagen [...] Doch ach! ihr sollt solchem Glück noch fernbleiben, der rohe Kampf der Habgier um gemeinen Besitz, um ohnmächtige Gewalt - dieses Ringen um ein Nichts soll lange noch eure schönsten Kräfte verzehren [...] dokumentiert sich schon ein fast kommunistischer Gedanke, wonach Eigentum Diebstahl bedeutet.

 

Es ist nicht schlüssig feststellbar, ob nach diesen Vorgaben der Kampflosigkeit des Grals RW seinen Lohengrin nicht mit nach Mainz und dann mit dem gesamten Heer gegen die Ungarn ziehen, sondern zum Gral zurückkehren lässt, zumal ein Teil der Quellen die erfolgreiche Teilnahme Lohengrins an den Feldzügen vorgeben. In der Prosafassung wird im Gegensatz hierzu allerdings ausgeführt, “ [...] wie gern hätte er die Streiter Brabant’s geführt, - jetzt müsse er sie allein, führerlos dem Kaiser übergeben.” und in der Text-Dichtung heißt es

“[...] Mein Herr und König, laß dir melden:

die ich berief, die kühnen Helden,

zum Streit sie führen darf ich nicht [...]

und weiter

[ ...] Als Streitgenoß bin ich nicht hergekommen [...]

 

Die Abreise Lohengrins wird in der Prosafassung in der Form durch die Hinweise auf den verschollenen Bruder Elsam’s, Gottfried begleitet, als Lohengrin Elsam vorhält [...] hättest du nur ein Jahr dich zweifellos bewährt, dein Glück wäre übergroß gewesen [...] dein Bruder, in einem Jahr wär’ er dir und Brabant als herrlicher Jüngling zurückgekehrt!” und für sich selber führt er aus, dass “Nun werd’ ich nicht mehr Zeuge eures Glückes sein; kehrt dein Bruder zurück, bin ich in weiter, weiter Ferne!

 

In der Text-Dichtung werden diese Ausführungen nur insoweit übernommen als Lohengrin sich “im Ausbruch heftigen Schmerzens” sich an Elsa wendet

 

O Elsa! Nur ein Jahr an deiner Seite

hätt’ ich als Zeuge deines Glücks ersehnt!

Dann kehrte, selig in des Grals Geleite,

dein Bruder wieder, den du tot gewähnt.”

 

In der Prosafassung wie in der Text-Dichtung erscheint Gottfried für alle - auch für Lohengrin - unerwartet durch die Rückverwandlung des Schwans in die menschliche Gestalt. In der Prosafassung wie auch in der Text-Dichtung schwebt “eine weiße Taube” bzw. “die weiße Gralstaube” über dem Nachen und Lohengrin selber löst dem Schwan die Kette an der dieser den Nachen gezogen hatte.

Während in der Prosafassung “[...] ein schöner Jüngling (Gottfried) von Lohengrin auf das Ufer gehoben wird”, und “Gottfried tritt vor und verneigt sich vor dem Kaiser” hebt Lohengrin in der Text-Dichtung “einen schönen Knaben in glänzendem Silbergewande - Gottfried - aus dem Flusse an das Ufer.”

 

“Ortrude ist” ist in der Prosafassung “mit dem Augenblicke der Entzauberung Gottfried’s laut kreischend todt zusammengestürzt.” Dagegen ist in der vertonten Text-Dichtung die Aussage der Regie-Anweisung weniger spektakulär, denn “Ortrud sinkt bei Gottfrieds Anblick mit einem Schrei zusammen”. Somit ist anzunehmen, dass Ortrud das Ende der Oper überlebt und sie in ihrem Sinne fortwirken kann.

 

RW hatte, nach dem Eindruck den Wilhelmine Schröder-Devrient als Fidelio-Leonore, Adriano im Rienzi, Senta im Holländer und Venus im Tannhäuser auf ihn gemacht hat, auch die Rolle der Ortrud für diese Sängerin vorgesehen, wäre es zur geplanten Uraufführung des Lohengrin in Dresden gekommen.

Die Erfahrungen, die RW mit dieser Sängerin in Bezug auf deren dramatischen Ausdruck und deren Wirkung auf der Bühne machte, können nur den Schluss zulassen, dass er ihr - die mit der Partie der Venus nicht sehr zufrieden war - nun wieder die Möglichkeit des dramatischen Auftritts geben wollte.

 

In Gemeinschaft wurde die Besetzung der Hauptpartien durchgesprochen. Die Darsteller derselben hatten Wagner wohl beim Schaffen der Oper lebhaft vorgeschwebt.

 

Lohengrin – Joseph Tichatscheck,

Elsa – Johanna Wagner,

Telramund – Anton Mitterwurzer,

Ortrud – Wilhelmine Schröder-Devrient.

 

(Richard Wagner Briefe, Die Sammlung Burrell, Frankfurt/Main, 1953, S. 183)

 

Und bereits mit seinem Schreiben vom 4. August 1845 an seinen Bruder Albert hatte er in Bezug auf die Besetzung der Elsa mitgeteilt „[...] Aber ganz abgesehen davon, welch ein glückliches Opernbuch ist es! Wirkungsvoll, anziehend, imponirend u. rührend in jedem Theile! – Johanns’s Partie darin, - welche sehr bedeutend u. eigentlich die Hauptpartie ist, - muß das Reizendste u. Ergreifendste von der Welt werden.

(Strobel / Wolf, Die Briefe von 1842 - 1849, Leipzig, 1970)

 

Während seines Aufenthaltes in Marienbad und der Zeit der Entstehung der Prosafassung schreibt RW an seinen Arzt Pusinelli nach Helgoland: “ [...] Um das Seebad beneide ich Dich sehr, denn auch mir würde es nach beendigter Brunnenkur gewiß vortrefflich bekommen sein. Hätte ich Zeit und - Geld, so ginge ich jedenfalls noch nach Helgoland.-

Ich kann mich hier nicht genug zerstreuen, denn immer schon gehen mir Entwürfe zu einer neuen Oper so lebhaft im Kopfe herum, daß ich mich nur mit aller Gewalt davon abziehen kann.”

(Richard Wagner, Sämtliche Briefe, Leipzig, 1970)

 

Die Prosafassung des Lohengrin entstand – neben der für die ‚Meistersinger’ - in der Zeit vom 3. Juli bis zum 9. August 1845

Die Text-Dichtung wurde unmittelbar nach der Tannhäuser - Premiere am 19. Oktober 1845 - bis zum Spätherbst 1845 fertiggestellt, denn “bereits im November las ich dieses Gedicht meinen Hausfreunden [...] vor. (ML S. 339)

Robert Schumann, der einer der Zuhörer war, “war ganz damit einverstanden; nur begriff die musikalische Form nicht [...] da er keinerlei Anhalt zu eigentlichen Musiknummern ersah.” (ML S. 339)

Und so kommt es dazu, dass RW zunächst einmal zu zweifeln begann, ob der Schluss der Oper nicht tatsächlich zu krass sei und so “kam ich doch darauf, mir zu überlegen, ob die grausame Trennung nicht erspart, das unerläßliche Fortziehen in die Ferne aber doch erhalten werden könnte [...] “ (ML S 339) und so beginnt der sonst so selbstsichere Autor, herumzufragen, um andere Meinungen einzuholen. So kommt es dazu, dass er sogar die Frau seines Intendanten - Ida von Lüttichau - um Rat fragt und sie äußert sich, “ [...] daß der ‘Lohengrin’ gerade so und auf gar keine andere Weise ausgehen könne.” (ML S 340)

 

Seine ganze Größe erhält das Werk und “die dramatische Auseinandersetzung durch das Auftreten Ortruds mit Telramund als willfährigem Werkzeug.” Ortrud nutzt ihren Einfluss und bringt Telramund zum Mordanschlag und Elsa dazu die verbotene Frage zu stellen.

Nach Meinung von Strobel / Wolf “erweist sie sich als Demagogin, die kein Mittel scheut. Bis in viele Einzelheiten gleicht ihr heimtückischer Kampf gegen Lohengrin, den Vertreter des Guten, des Neuen, dem demagogischen Treiben der konservativen Adelskräfte während der Revolution 1848/49.

(Strobel / Wolf, Die Briefe von 1842 - 1849, Leipzig, 1970)

 

Betrachtet man diese Aussagen, so gilt es zu bedenken, dass Strobel / Wolf ihre Kommentare aus dem Blickwinkel der DDR und unter dem Einfluss der Kämpfer des Sozialismus während des ‘kalten Krieges’ 1970 aus Leipzig heraus abgegeben haben.

 

Es fragt sich, ob nicht auch Strobel / Wolf heute nach Sturz des Kommunismus und Sozialismus, allgemeiner Umweltverwüstung durch Industrialisierung der Global Player und dem Nachhängen einer unbewiesenen Glaubenslehre, sich auf natürliche Lebensregeln besännen, als nur unreflektiert unbedingt irgend etwas ‘Neuem’ nachzuhängen.

 

Die Forschung meint feststellen zu können, dass Richard Wagner bereits während der Erstellung der Prosafassung in Marienbad im Sommer 1845 seine persönlichen Verhältnisse in Bezug auch auf seine Frau Minna schon in den ‚Lohengrin’ eingebracht habe und damit der Figur des Lohengrin eine spezielle Bindung an die persönliche Situation Richard Wagners vor und zur Zeit der Entstehung der Prosaskizze, der Dichtung und der Komposition des Lohengrin gegeben habe und somit sein Denken und Fühlen Quellen des Werkes darstellten.

 

Strobel / Wolf meinen, RW sehnte sich mit seinem Tannhäuser “aus der ihn ‘anwidernden Sinnlichkeit ... der modernen Gegenwart - heraus.” (Schriften, Band 4, S. 294) Aus einer Einsamkeit wiederum sehnte er sich mit seinem Lohengrin nach echter, menschlicher Liebe, nun aber auf einer höheren Stufe als der Holländer und Tannhäuser.

Lohengrin will nicht, wie die Gralsritter, einsam abgeschieden als Hüter der Menschlichkeit und Gerechtigkeit wirken, sondern in echter menschlicher Gemeinschaft an der ‘wärmenden Brust der Erde’. Er suchte das Weib, das an ihn glaubte. (Ebenda, S. 295) Er möchte nicht als ungewöhnliche, geniale Erscheinung durch ein erhöhtes Wesen bewundert, sondern als Mensch verstanden und geliebt werden. Deshalb versucht er sein Wesen, seine Herkunft, sein Künstlertum zu verschweigen und er legt Elsa das Frageverbot auf.”

 

Strobel / Wolf sehen auch hier ein Aufbegehren gegen Standesdünkel und ein Stück jungdeutschen Protestes “gegen die konventionelle Standesehe” zu entdecken. Und dies steht auch in Verbindung zu Feuerbach, wenn “einzig gegenseitiges Vertrauen, liebevolles Verstehen” entscheiden solle und “nicht der Stand und die Herkunft.”

(Strobel, Gertrud / Wolf, Werner, Die Briefe der Jahre 1842 - 1849, Leipzig, 1970, S. 59)

 

Dass Minna ihm nach dem Erfolg des Rienzi in der Meyerbeerschen Form der großen Oper und den nachfolgenden ‚Fliegenden Holländer’, dem ‚Tannhäuser’ geistig nicht folgen konnte und es ihr im Endeffekt nur um die versorgte Ehefrau ging, ist nachvollziehbar, ob aber die Umstände seiner Ehe ihn an eine Trennung von seiner Frau im Sinne der Entzweiung Lohengrin von Elsa die Basis für die Lohengrin-Dichtung sein können oder sein müssen, kann nur vermutet werden.

 

Die Briefe RW’s an seine Frau zeigen in vielen Beispielen aus der Zeit der Entstehung des Lohengrin ein anderes Bild.

RW schreibt herzlich und unter Benutzung freundlichster und liebevollster Worte an seine Frau. Und dies geschieht weit in die Zeit der Krisen, bedingt durch seine Frauen-Bekanntschaften hinein.

Dass es tatsächlich ein Missverhältnis zwischen ihr und ihm bzw. von seiner Seite aus gegeben haben könnte, lässt sich aus dem Schriftverkehr des Ehegatten mit seiner Frau nicht ohne weiteres ableiten.

 

Es würde den Umfang der Arbeit sprengen, ginge man hier auf die einzelnen Schriftstücke und deren persönliche Aussagen ein. Somit kann nur auf die gesammelten Briefe von Richard Wagner an seine Frau Minna, verlegt bei Schuster und Loeffler, Berlin / Leipzig, 1908 verwiesen werden.

(Wird fortgesetzt)

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Die neapolitanische Oper – Stimmfach und Charakter
(Fortsetzung der Oktober-Ausgabe Seite 27)

 

2. Interpreten der Frauenrollen in der neapolitanischen Oper

2.1 Die Kastraten

Die Korrelation zwischen Hormonen und Stimme machte sich die Kirche in ihrem Hass auf die Frauen in einer Weise zunutze, was die Menschen unserer Zelt, die an die gesetzlich gesicherte Unversehrtheit von Leib und Leben gewöhnt sind, im höchsten Grade verbrecherisch anmutet.

 

Die präpuberale Kastration verhindert eine normale Pubertätsentwicklung, wobei insbesondere die fehlende Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale auffällig ist.

 

Die Gonadotropinausscheidung ist stets erhöht.    ¶

Gonodotropine sind hochmolekulare Proteohormone (Giykoproteide), die Wachstum, inkretorische und excretorische Funktion der Gonaden (Ovarien, Testes) stimulieren und regulieren. Steuerung direkt oder über hypothalamische Zentren via Reieasing factor durch die Höhe des Blutspiegels der peripheren Hormone sowie durch zentrale Impulse.

 

Messungen verschiedener Ärzte (Gumber 1847, Tandier und Grosz 1909/10, Wagenseil 1926/27, Joren 1955, Labhart 1957 sowie Nowakowski 1959) ergaben in etwa übereinstimmend, daß der normale männliche Kehlkopf ein Viertel größer als der Kastratenkehlkopf war, während der Kastratenkehlkopf den Umfang eines normalen weiblichen Kehlkopfes nur um ein Siebentel überragt.

Die Stimmlippenlänge fand sich in der Mitte zwischen der Frau und der des Mannes, jedenfalls was die pars vocalis betraf, in Bezug auf die pars respiratoria näherte sie sich sehr jener des Mannes.

 

Die Ossifikation entsprach der des weiblichen Geschlechts.

Der Stimmumfang der Kastraten reichte meist von c bis c", manchmal bis f" und eine besondere Leistung stellten Schwelltöne von 50 sec. Dauer und mehr dar.

 

Der Ausfall des inkretorischen Anteils der Keimdrüsen bedingt - infolge Verringerung des intermediären Stoffwechsels - Fettsucht.
Die Fettablagerungen finden in einer gewissen typischen Form besonders an den Brüsten und den Hüften statt und schafft damit beim männlichen Kastraten die dem weiblichen ähnelnde äußere Körperform.

 

Nicht selten beobachtet man nach der Kastration vor Abschluss der körperlichen Entwicklung ein beschleunigtes Längenwachstum, einen Hochwuchs bis 2 m Körperlänge, indem der Antigonismus der Keimdrüse zur Hypophyse entfällt, welche das Längenwachstum durch vermehrte Zellwucherung und Verkalkung in der Epiphysenfuge der Röhrenknochen begünstigt.

 

Die Beobachtung, dass Kastration bei Tieren die Fettbildung begünstigt, ist schon seit Jahrtausenden bei der Züchtung von Mastvieh nutzbar gemacht worden.

 

Der barbarische Brauch der Kastration beim Menschen findet sich bereits im frühesten Altertum.

Als Strafe der Kriegsgefangenen und Besiegten lesen wir sie unter anderem bei Herodot und Xenophon, bei Aristoteles und Plinius, über die Tiere als religiösen Brauch nicht nur bei asiatischen Völkern des Altertums, auch bei einer in Russland und Rumänien verbreiteten religiösen Sekte, den Skopzen.

 

Im ost-römischen Reich verwendete man kastrierte Individuen (Eunuchen) als ungefährliche Sklaven und Wächter für Frauen.

In christlicher Zeit nahmen asketische Fanatiker die Kastration an sich selbst vor.

 

Da gemäß dem Wort des Paulus es den Frauen verboten war, im Kirchenchor mitzuwirken, wurden als Ersatz Knaben und Falsettisten bevorzugt, weil sie ihre in der Technik des Falsettierens ausgebildeten Stimmen lange Zeit erhalten konnten, während die Knaben ja spätestens nach 3 - 4 Jahren mit dem Singen wieder aufhören mussten, kaum, dass sie durch Schulung brauchbare Kräfte geworden waren.

 

Mit der Entstehung des 'Dramma per musica' fand das madrigalische Singen ein Ende, und Ludovico Viadana führte 1602 den neuen monodischen Stil mit seinem 'Cento concerti ecciesastici' in die Kirchenmusik ein.

Der leblose Stimmklang der Falsettisten wurde den neuen Anforderungen nach Virtuosität und nuancierter Wiedergabe der Kompositionen nicht mehr gerecht, und so wirkte im päpstlichen Chor zum ersten Mai 1562 der spanische Kastrat Francisco Soto mit.

Als 1599 zwei italienische Kastraten, Pier Paolo Folignato und Girolamo Rossini in die sixtinische Kapelle aufgenommen wurden, ging die Zeit der spanischen 'weißen Stimmen' zu Ende.

Von 1609 an übernahmen nur noch Kastraten den Sopran und Alt und da Urban VIII. 1635 eine achtfache Besetzung der 4 Stimmen anordnete und Clemens XIII. diese Verordnung 1762 erneuerte, waren für eine sehr lange Zeit hindurch mindestens 6 Kastraten in der Sixtinischen Kapelle angestellt.

 

Einige wurden durch ihren Gesang sehr bekannt und erhielten gute Pfründe oder sonstige Auszeichnungen, so bekam Vittorio Loreto (gest. 1760) vom Papst den Christusorden.

Andere gingen zur Oper und machten sich da einen Namen. Manche von ihnen waren Welt- oder Ordenspriester. Jedenfalls sollten alle Kleriker sein und ehelos leben; das war für die kirchlichen Sänger von jeher eine Bestimmung, von der nur in Notfällen eine Ausnahme gemacht werden durfte.

 

So wurde Giovanni Pierluigi da Palestrina, weil er verheiratet war, 1555 von Paul IV. entlassen, konnte aber in anderen Kirchen und unter Plus IV. auch wieder in St. Peter als Kapellmeister wirken. In der sixtinischen Kapelle hielten sich die Kastraten drei Jahrhunderte hindurch; ihre Zahl betrug acht oder mehr, je nachdem sie nicht nur Sopran, sondern auch noch Alt sangen

Außer in der sixtinischen Kapelle waren auch in vielen anderen Kirchen Roms und Italiens Eunuchen als Sopranisten und Altisten tätig.

 

Auch in Deutschland sangen Kastraten statt Frauen in einigen katholischen Kirchen: München, Salzburg, Dresden, Wolfenbüttel, jedoch in die Kirchenchöre der protestantischen Länder haben sie nie Aufnahme gefunden.

 

Papst Leo XIII. setzte durch, dass keine neuen Kastraten mehr aufgenommen wurden, nur die vorher schon angestellten traten noch bis ungefähr 1929 auf.

 

Eine noch größere Bedeutung und viel weitere Verbreitung als im Kirchengesang erlangten die Kastraten in der Oper, in der die ersten um das Jahr 1622 auftraten.

 

Den Beginn der solistischen Tätigkeit von Frauen können wir mit dem 'Discorso sopra la musica di suol tempi' von Vicenzo Giustiniani auf das Jahr 1575 und dem Wirken der großen Sängerin Vittoria Archilei ansetzen, obwohl es schon seit 1550 in Italien Frauen auf der Bühne gegeben habe. Deshalb nämlich erfolgte durch Papst Sixtus V. ein Erlass, der den Frauen das Auftreten in Rom verbot.

Auf das Drängen der Königin Christine von Schweden lockerte Papst Clemens X. das Verbot im Jahre 1671, aber nach Streitereien unter Sängerkolleginnen untersagte 1676 lnnozenz Xl. die Tätigkeit von Frauen wieder und schränkte sogar die Freiheit der Männer derart ein, dass niemand, der im Theater aufgetreten war, in der Kirche singen durfte.

 

Das leidenschaftliche Interesse aller Volkskreise an Oper und Konzert zwangen den Papst 1678 nachzugeben und den Frauen die unentgeltliche Mitwirkung in privaten Aufführungen zu gestatten. Das Verbot der Päpste hat als allgemein gültiges Recht für andere Städte nie bestanden, obwohl es hier und da vorübergehend gewirkt hat. So waren in Florenz zu Zeiten des Papstes Cosimo III. die Frauen bis 1727 im Schauspiel verboten und Mantua hat von 1640 - 1677 keine Sängerin neu zu verzeichnen.

Clemens Xl. (1700 - 1721) verschärfte alsdann das Verbot wieder und entschied:

"daß keine Weibsperson bei hoher Strafe Musik aus Vorsatz lernen solle, um sich als Sängerin gebrauchen zu lassen, denn man wisse wohl, daß eine Schönheit, welche auf dem Theater singen und dennoch ihre Keuschheit bewahren wolle, nichts anderes tue, als wenn man in die Tiber springen und doch die Füße nicht naß machen wolle."

 

Die Polarisierung der Frau in Hure und Madonna führte nun dazu, dass jährlich etwa 4000 Knaben kastriert wurden, von denen nur ein kleiner Teil eine Stimme entwickelte, die zu einer Anstellung im Kirchenchor oder in der Oper befähigte.

 

Angeblich diente sie dem öffentlichen Wohle, da die hohen Stimmen für den weltlichen und kirchlichen Gesang, der ohne sie unerträglich wäre und nicht gefiele, nützlich und sogar notwendig sei. Das bewiesen auch die Fürsten, die diese Kastraten begünstigten, und die Kirche, die sie duldete. Also werden die Übel, welche diese Operation mit sich bringt, reichlich wettgemacht.

 

Noch im Jahre 1828 wurde der Versuch gemacht, das Auftrittsverbot für Frauen im Kirchenstaat zu erneuern.

Wie zu allen Zelten die Lobpreisungen der Vorzüge mit den Schmähungen der Missstände im Gesangswesen sich die Waage hielten, so fehlt es auch nicht an unzähligen Berichten über den unsittlichen Charakter der Kastraten, die besonders begehrt waren, da die Affären ohne unerwünschte Folgen blieben, ihre unmännliche Gestalt, über den sinnlich-weiblichen unnatürlichen Klang ihrer Stimmen und die seelenlose Betonung des rein virtuosen Elements.

 

Wenn wir überhaupt Zugang zum barocken Musiktheater finden wollen, müssen wir uns völlig vom spätromantischen und realistischen Denken freimachen und bereit sein, zu staunen über eine Wunderwelt der akustischen und optischen Genüsse, die die Phantasie der Realität gegenüberstellt. Dies war auch der Grund, weshalb die wundersamen, unnatürlichen Kastratenstimmen einen so immensen Erfolg hatten. Waren sie der Ausdruck mystischer Motive, die Suche nach der Verschmelzung männlicher und weiblicher Eigenschaften?

 

Paul J. Moses deutete diese Sehnsucht nach androgyner Gemeinsamkeit in seiner Schrift.

‘The Psychology of the Castrato Voice’:

"Undoubtedly the castrato voice filled a definite need in its day, and in Italy it was the supreme vocal expression of deep-rooted, almost mystical motives. lt is therefore un­fair to dismis the problem as part of Baroque, degenerative art, a decline from the das­sical heigts of the Renaissance."

 

Die ausschließliche Behandlung von Themen aus Mythologie und Historie, die 'poetica della meraviglia' bedingen einen völligen Verzicht auf Realismus und dramatische Wahrheit, ja sie wird sogar als banal und gewöhnlich verachtet zugunsten einer der Fabelwelt entlehnten Vision der Natur und der menschlichen Empfindungen. Das androgyne Wesen, der Hermaphrodit, der singende Halbgott war der Protagonist des Traums vom geschlechts-unabhängigen Abstractum.

Die Kastratenstimme bedeutete Erfüllung derselben hermaphroditischen Wunschträume wie in derselben Periode der Stein der Weisen, das mythische Symbol des Halb-Weiblichen und Halb-Männlichen. Der Hörer musste zu stimmlichen Abstraktionen fähig sein, die nichts mit dem Geschlecht der dargestellten Rolle zu tun hatte.

 

Die singende Stimme als Handlungsfaktor bedingt die Irrealität des von ihr dargestellten Menschen. Indem sie ihn singend wiedergibt, hebt sie ihn aus allen Voraussetzungen der Wirklichkeit heraus, kennzeichnet ihn als ein stets scheinhaft bleibendes Wesen.

Die lyrische Ekstase oder die zarten, deliziösen und leicht sinnlichen Melodien bestimmter Arien und Liebesduette ertrugen ebensowenig wie die gewagten akrobatischen Virtuosismen die naturhaft männlichen Stimmen von Bariton und Baß, die als zu hart und ungeschliffen galten für einen Gesang, der Behendigkeit, Biegsamheit, nuancierte und transparente Farben sowie ein sehnsüchtiges Timbre voraussetzte.

In der Tonhöhe symbolisierte die Oper den hohen Rang des Haupthelden.

 

Heroismus und heftige Leidenschaft wollte man in hoher Stimmlage hören, und es schien die hohe Lage der Kastraten eine Art ewige Jugend auszustrahlen. Sie entrückte die dargestellten hohen Personen auf eine Ebene, die nicht mehr der sterblichen Natur des Menschen, sondern dem überirdischen Kreis der Götter entsprach, wohin ja vielfach auch die Handlung fürstliche Opernveranstalter und die Exempel ihrer Tugend hob.

 

Mit wieviel körperlichen Qualen, hartem Drill und Demütigung die herausragende Stellung eines hochqualifizierten Kastraten erkämpft werden musste, können wir uns heute kaum vorstellen, abgesehen von den unzähligen erfolglos Verstümmelten, deren Stimme nicht die gewünschte Schönheit erlangte.

Im Conservatorio fand eine Ausbildung in der Strenge einer Kadettenanstalt ihre Durchführung.

 

Stimmübungen, Instrumentalunterricht, Komposition und Dirigieren gehörten zum Lernstoff, dessen Lehrpläne aber leider nicht schriftlich fixiert wurden, sondern im Ermessen der erfahrenen berühmten Maestri lag. Nach sechs bis neunjähriger Ausbildung verfügten die Sänger über eine gewaltige Kraft und große Ausdrucksfähigkeit bei einem riesigen Umfang ihrer Stimme, andererseits scheint darstellerisches Temperament nicht unbedingt eine Charaktereigenschaft aller Kastratensänger gewesen zu sein. So werfen Jean Jaques Rousseau und der reisende Musikfreund Charles Burney den Kastraten vor, dass

"sie nehmlich zwar schön, aber ohne Feuer und Leidenschaft singen. Denn das Feuer ist ihnen genommen."

 

Als Casanova im Winter 1761 in Rom den Karneval erlebte, berichtete er jedoch begeistert:

"Die Stimme des Kastraten war herrlich, noch herrlicher war seine Schönheit. Ich habe ihn als Mann auf der Promenade gesehen, aber obwohl er sehr hübsch war, hatte sein Gesicht auf mich keinen Eindruck gemacht, denn man sah sofort, daß er ein verstümmelter Mann war. Auf der Bühne dagegen war die Täuschung vollkommen, er entflammte. In ein gut gearbeitetes Mieder geschnürt, hat er eine Nymphentaille, und sein Busen - es ist fast unglaublich - nahm es an Form und Schönheit mit jedem Frauenbusen auf. Wenn er auf das Ritornell seiner Arie wartend auf der Bühne auf und ab ging, hatte sein Gang etwas Majestätisches und zugleich Wollüstiges," (Zitat nach Habermann)

 

Dagegen schildert J. Richard in seiner 'Description historique de L'Italie' 1766 (Bd. 5 S. 175) den Widersinn der Darstellung junger Mädchen durch Kastraten als Gestalten

“de grands pieds et de gros bras."

(Wird  fortgesetzt)

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Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH


Bemerkungen eines Vollzahlers zur Repertoirevorstellung

’Manon Lescaut’ – am 24. November 2017

’Wo lebte wohl ein Wesen reizvoll wie sie!’

 

 

Bekanntmachung der Nds. Staatstheater Hannover GmbH

 



 


Zitat

Die Staatsoper Hannover reagiert auf die große Nachfrage und setzt am Dienstag, 9. Januar 2018 und Freitag, 12. Januar 2018, jeweils um 19.30 Uhr weitere Vorstellungen der umjubelten »La traviata«-Inszenierung mit Nicole Chevalier als Violetta Valéry auf den Spielplan.
Die Zusatzvorstellungen ersetzen die ursprünglich angekündigte Vorstellungen »Manon Lescaut«.

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Kurz kommentiert

So geht sie dahin, die Manon.
Wieder einmal wird eine Produktion vorzeitig abgesetzt, da das Publikum sich der Nds. Staatsoper Hannover verweigert.

Auch die Vorstellung am 24. November 2017 – es war ja dann nach der Änderung der Dispo die letzte - war bemerkenswert.

Der ’Zuschauerandrang’ dokumentierte sich in 300 zahlenden Personen, die übrigen 300 Karten bei insgesamt 600 Anwesenden wurden nach der Maßgabe ’Eine Karte kaufen und zu zweit in die Oper gehen’ verschenkt.
Der dritte Rang war geschlossen.

Es ergab sich somit eine Auslastung von 30 Prozent mit Zahlenden bei 1200 Plätzen.
 

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Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH


Bemerkungen eines Vollzahlers zur Repertoirevorstellung

’Wilhelm Tell’ – am 03. Dezember 2017

’Oh Mathilde’

 

 

Bekanntmachung der Nds. Staatstheater Hannover GmbH

 



 


Zitat
Wilhelm Tell*
Oper von Gioachino Rossini (halbszenische Aufführung)

Oper in drei Akten (1831)
Text von Étienne de Jouy und Hippolyte Louis Florent Bis nach Friedrich Schillers »Wilhelm Tell« (1804) und der Erzählung »Guillaume Tell ou La Suisse libre« (1800) von Jean-Pierre Claris Florian
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere der halbszenischen Aufführung am 31. Oktober 2017

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Kurz kommentiert

Da gibt es nun eine Seltenheit zu sehen:
Rossinis letzte Oper, die er mit 37 Jahren und nach dem Schaffen von 40 Opern komponierte: Wilhelm Tell.
Hannover bot das Werk in der französischen Originalsprache in einer teilszenischen Fassung.
Da steht der Chor in Kostümen, die man von Heidi und dem Alm-Öhi kennt, auf nach hinten ansteigenden Stufenpodien.
Die Damen Mathilde und Hedwig in dunklem wie rotem Abendkleid, Tell in einem rot
leuchtenden Anzug, der kleine Tell in Lederhosen.
Die Ansage, man möge das Handy ausschalten und keine Bild- und Tonaufnahmen machen, wurde in Swizerdütsch vorgetragen, Pfeil und Bogen probierte man mit einem Schuss in den Bühnenhimmel aus, mit dem Erfolg, dass ein fertig zubereitetes Brathuhn herunterfiel.

Zum Schluss wurden Äpfel an die an ihren Notenpulten ausharrenden Solisten verteilt, die beim Apfelschuss übriggeblieben waren und als Ersatz dalagen, falls Tell danebengeschossen hätte.

Die Produktion zeigt, dass aufwändige Bühnenbauten als Bühnenbilder nicht erforderlich sind. Operafolie, Lichteffekte, Nebel taugen, um Atmosphäre zu schaffen.

Kämen noch sinnvolle Bewegungsabläufe für den Chor – außer dem Blättern in den Noten – und eine dem Stücke entsprechende Solistenführung hinzu, gäbe es eine perfekte Inszenierung, bei der sich dann auch die einzelnen Solo-Charaktere erschlössen, was bei dem jetzt konzertanten Herumstehen nicht der Fall ist.

Die ca. 500 Zuschauer bedankten sich für die Leistung des Ensembles und dessen Mut, dem Frust zu widerstehen, vor leerem Haus singen zu müssen.

Vor hundert Jahren war der ’Tell’ dagegen eine viel gespielte große Oper und die Rollen waren auch entsprechend besetzt. Aber welches Haus hat einen Arnold von Melchtal zur Verfügung wie seinerzeit die Wiener Staatsoper mit Leo Slezak.
 

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Auszug aus ’Mein Lebensmärchen’ Piper Verlag München



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Belästigung muss niemand hinnehmen


Immer mehr Frauen (und einige Männer) fassen den Mut, sexuelle Übergriffe zu benennen. Inwieweit sind auch Theaterschaffende betroffen?
 

Auslöser waren Vorwürfe gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein in der New York Times und im New Yorker, die sich binnen wenigen Wochen zu einem unge­heuerlichen Skandal ausweiteten - und eine weltweite Debatte über Sexismus und sexual­isierte Gewalt auslösten. Inzwischen wird Weinstein auch Vergewaltigung vorgeworfen, die Polizei in New York, Los Angeles und London nahm Ermittlungen auf, die Oscar-Akademie schloss ihr Mitglied Weinstein aus. Bis heute haben sich Dutzende mutmaßliche Opfer geäußert.
 

Die Weinstein-Firmen in Hollywood waren im Laufe der Zeit zu Nadelöhren geworden, durch die aufstrebende Schauspieler mussten, um nach oben zu kommen. Und das gab dem Produzenten Macht, die er offenbar vor allem gegenüber Schauspielerinnen scham­los ausnutzte. Sein Verhalten war in Hollywood angeblich ein offenes Geheimnis - geduldet von Kollegen und verschwiegen von den Medien. In diesem Klima war es be­sonders schwer für Frauen, sexuelle Übergriffe öffentlich zu machen. Grundsätzlich ist das ein schwieriger Schritt, es gibt viele nachvollziehbare Gründe zu schweigen. Etwa aus Scham oder Angst, dass ihnen niemand glaubt.

Nach Einschätzung von Experten seien die nun erfolgten Enthüllungen auch zu erwarten gewesen. „Nun getrauen sich die Menschen etwas zu sagen gegen ihre Peiniger', denn jetzt werde sichtbar, dass diese auch eine Verfolgung durch ihre Umwelt, die Öffentlichkeit und die Behörden erfahren. Prominentes Beispiel ist hier Kevin Spacey („House of Cards"), der vor über 30 Jahren einen damals 14-Jährigen bedrängt haben soll. Seine Produktionsfirma feuerte ihn umstandslos und die Szenen des neuen Ridley Scott-Films

„Alles Geld der Welt", in denen Spacey auftauchte, fielen der Schere zum Opfer und werden nachgedreht.

 

Seitdem wird auch in Deutschland viel gestritten. Sexismus und sexuelle Gewalt seien alltäglich, heißt es auf der einen Seite. Die Frauen in Hollywood seien Einzelfälle, auf der anderen. Weitere Betroffene schildern unter dem Hashtag #MeToo Beispiele für Übergriffe, die oft am Arbeitsplatz geschehen, und zwar in allen möglichen Branchen.

Unter Wahrung der Anonymität hat sich die GDBA bemüht, Medien bei deren ein­schlägigen Recherchen zu unterstützen und leitete beispielsweise eine entsprechende An­frage von Spiegel-Online an die bei uns organisierten Schauspieler und Schauspielerinnen weiter, um der Gefahr des Verschweigens entgegenzutreten.

Was unumstößliche Zahlen angeht, herrscht Uneinigkeit.

So befragte die Zeit über 130 Personalverantwortliche, Geschäftsführer und Führungskräfte aus allen Branchen und kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Das nicht repräsentative Ergebnis: Knapp ein Viertel der befragten Unternehmen erhält durchschnittlich mindestens einmal im Jahr eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung. Nicht erfasst sind in der Studie jene Fälle, in denen sich die Betroffenen nicht beschweren. Die Dunkelziffer könnte also deutlich höher liegen. Auch bei einer Studie der Anti­diskriminierungsstelle des Bundes hatte vor zwei Jahren jeder zweite Beschäftigte angege­ben, schon einmal selbst belästigt worden zu sein.

 

Die meisten Fälle sexueller Belästigung kommen der Zeit-Umfrage nach in Unternehmen ab 250 Mitarbeitern vor. Ausnahmslos alle kleinen Unternehmen mit weniger Personal haben demnach keine Informationen über solche Fälle.

 

Das könnte daran liegen, dass mit der Zahl der Mitarbeiter schlicht die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein Mitarbeiter von einem Kollegen oder einem Vorgesetzten belästigt wird. Es könnte aber auch daran liegen, dass in größeren Unternehmen offener mit dem Thema umgegangen wird und mehr Mitarbeiter sich trauen, Beschwerde zu er­heben. So haben laut der Zeit-Umfrage mehr als 80 Prozent der Unternehmen ab 250 Mi­tarbeitern eine Anlaufstelle für sexuelle Belästigung, aber nur knapp 30 Prozent der kleinen Firmen.

„Bei vielen Unternehmen hat das Thema bis heute nicht oberste Priorität", sagte Christine Lüders, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Zeit.

„Führungskräfte müssen sich klar gegen sexuelle Belästigung positionieren, jedes Unternehmen braucht eine Beschwerdestelle."
 

Vorgesetzte sollten eigens geschult werden - in speziellen Führungskräfte-Trainings könne man Gesprächsabläufe üben. Außerdem könne eine Betriebsvereinbarung definieren, was überhaupt als sexuelle Belästigung verstanden werde. Sodann müsse es ein transparentes Beschwerdeverfahren mit konkreten Ansprechpartnern und ebensolchen Regeln und Sanktionen geben.
 

Dass in den vergangenen Wochen so hitzig diskutiert wurde, lag auch daran, dass die Grenzen nicht klar sind: Was ist Sexismus und wo fängt sexuelle Belästigung an? Eine generelle Grenzziehung ist schwierig bis unmöglich - es kommt auf den Einzelfall an. Die GDBA steht betroffenen Mitgliedern beratend zur Seite und unterstützt bei der Ver­mittlung therapeutischer Hilfe.

Denn die gesetzliche Lage ist oft eindeutiger, als es die aktuelle Debatte glauben machen könnte. Viele solcher problematischen Situationen sind im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) längst geregelt. Auch in Fällen, die strafrechtlich nicht relevant sind, aber vom Gesetz als sexuelle Belästigung definiert werden, muss der Arbeitgeber das Verhalten abzustellen versuchen. So zählt das AGG das unerwünschte Anbringen von pornografischen Darstellungen zu sexueller Belästigung.
 

Und schließlich wurde 2o16 die „Nein heißt Nein" - Sexualstrafrechtsreform verabschiedet, mit der sexuelle Gewalt leichter geahndet werden kann. Danach reicht es aus, wenn sich der Täter über den „erkennbaren Willen" des Opfers hinwegsetzt. Allein die körperliche Berührung „in sexuell bestimmter Weise" ist danach strafbar.

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Auszug aus Fachblatt der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger Heft 12/2017

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Ausschnitt aus ’Hannoversche Allgemeine’




 


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Regie! Regietheater! Regisseurstheater?

Es ist ein menschliches Urbedürfnis, sich Geschichten erzählen zu lassen und anzuhören.
Selbst der coolste Finanzmensch, für den Literatur, Musik und Theater alles ’dummes Zeug’ sind, wird irgendwann von seinem Kindern oder Enkeln gefragt:
“Wie war denn das damals, erzähl doch mal!?“

So begannen die Literatur und die Theaterkunst. In der großen Zeit Griechenlands, als Baukunst und Philosophie, Mathematik und Physik höchste Achtung genossen, schrieben Aischylos, Sophokles und Euripides ihre unsterblichen Dramen. Leider waren bei der Erfindung der Demokratie die Frauen wie bei uns bis in die 1970er Jahre ausgeschlossen, denn es galt:
Ein Mann ist ein Krieger, ein Krieger ist ein Mensch. Eine Frau ist kein Krieger, also ist eine Frau kein Mensch.

Für die szenische Realisation bauten die Griechen und später die Römer Theater, deren akustische Perfektion – ich habe es selbst einmal ausprobiert – unübertrefflich ist und für Richard Wagner bei der großartigen Akustik des Bayreuther Festspielhauses beispielhaft war.
Aber Dramen müssen aufgeführt werden, sonst verdorren sie in der Bibliothek.

In der Antike lag die Aufsicht über die Aufführungen bei den kultischen Spielen in den Händen der Choregen. Es waren vermögende Bürger, die die Aufstellung, Ausbildung, Ausstattung und Unterhaltssicherung des Chores und der Darsteller gewährleisteten und bei den attischen Dyonisien ebenso geehrt wurden wie die Dichter.

Die allgemeine Verarmung nach den peleponesischen Kriegen - Ende des 5. Jahrhunderts vor der Zeitrechnung - hatte zunächst die Übernahme der Choregia durch die Staatskasse, später den weitgehenden Verzicht auf Chöre im Drama überhaupt zur Folge. Stellenabbau - das kommt einem bekannt vor!

 

Die Mysterienspiele des Mittelalters wurden von Geistlichen und Lehrern geleitet, bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert wurde die Leitung der Aufführungen von den Autoren selbst, von Theaterdirektoren - die oft völlig berufsfremd waren - und von prominenten Schauspielern ausgeübt, wie z.B. Ekhof, Schröder, Iffland.

Regieführende Autoren waren z.B. Shakespeare, Lope de Vega, Calder6n, Moliere, Carlo Goldoni, Raimund, Nestroy und Richard Wagner.

In der Neuzeit kennen wir als Autoren-Regisseure: Berthold Brecht, Friedrich Dürrenmatt, Franz-Xaver Kroetz, Fassbinder. Seit der Etablierung fester Theater trat die Regie - (französisch von lateinisch regere = leiten) dann verstärkt als eine eigene Gestaltungsinstanz hervor. Wir kennen die Arbeit von Goethe in Weimar - er stand auch selbst auf der Bühne - Immermann in Berlin, Heinrich Laube in Wien. Herzog Georg III. schuf in Meiningen einen eigenen an der Historie orientierten Regie-Stil. Zusammen mit der Schauspielerin Ellen Franz etablierte er ein Musterensemble und nach gründlichen Vorstudien und Proben die Musteraufführungen, die von 1874 - 1890 auf Gastspielreisen in Europa und Amerika gezeigt wurden.

 

Vom Zusammenklang von historisierendem Detail, psychologischer Einzel- und Ensemble-Arbeit und suggestiver Atmosphäre haben große eigenständige Nachfolger wie Max Reinhard und Konstantin Stanislawski gelernt, während zweitklassige Epigonen die 'Meiningerei' in Verruf brachten.

In der Barock-Oper regierten die Komponisten, die Impresarii und die Sänger. Strenge Regeln legten fest, wer aufgrund der stimmlichen Rangfolge - Virtuosität war der Maßstab für Haupt- und Nebenrollen - wie viele Arien pro Akt in der Opera seria zugewiesen bekam.

Man kannte kein Repertoire, der Theaterbesuch war kultiviertes Amüsement, Selbstbestätigung des Adels, Herrscherhuld.

Wer dafür sorgte, dass die Sänger im richtigen Moment auf der Bühne standen, war egal, es ging nicht um Glaubwürdigkeit; standardisierte Affekte, Gesten, Bühnenbilder und Kostüme schufen eine Kunstwelt, deren Mechanik Staunen hervorrufen sollte.

Im 19. Jahrhundert war es nicht viel anders und die bitteren Vorwürfe gegen den Schlendrian und die schlechte Ausbildung der Sänger kann man in Briefen und Schriften von Eduard Devrient, Albert Lortzing und vor allem Richard Wagner nachlesen, der mit nahezu unerschöpflicher Energie für Verbesserungen im Theaterbereich kämpfte und den die szenischen Realitäten seiner

 

Werke in seinem musterhaften Bayreuther Festspielhaus überhaupt nicht zufrieden stellten, trotz detaillierter Regieanweisungen, die präzise wie Filmdrehbücher, fast schon wie Storyboards aussehen.

Das Opernhaus wurde der Mittelpunkt des bürgerlichen Lebens, ein Repertoire sammelte sich und je mehr sich ein Bewusstsein für Geschichtlichkeit bildete, desto stärker wurde die Notwendigkeit eines szenischen Arrangeurs, der mehr und mehr zum Interpreten des Werkes wurde. Aber trotz antinaturalistischer Bühnenbilder von z.B. Ewald Dülling und Alfred Roller fehlte in der gestischen Darstellung noch eine wirkliche Verschmelzung mit der Aussage der Musik.

Das Ende der zwanziger Jahre im 20. Jahrhundert und der heraufziehende Nationalsozialismus brachen die Bedeutung des Theaters als kulturellen Mittelpunkt der Städte. Die letzten weltweit gespielten populären Opern sind 'Der Rosenkavalier' von 1911 und Puccinis 'Turandot' im Jahr 1926.

Die Komponisten begannen am Publikum vorbei zu schreiben. Leos Janacek und Benjamin Britten fanden zwar ins Repertoire, aber die Oper hatte ihre Bedeutung als aktuelles Kunstwerk verloren.

Umso wichtiger wurde es, durch Interpretation die vorhandenen Werke attraktiv für das Publikum zu machen. Die Schlüsselfigur zur Verlebendigung des Musiktheaters war Walter Felsenstein, geboren 1901, gestorben 1975.

Er hat ungeheuer viel Kluges gesagt und vor allem erarbeitet, erwartete bedingungslose Hingabe in die Arbeit, was nicht jeder ertragen konnte, aber wer je eine original Felsenstein-Vorstellung erlebt hat, wird dieses Wunder an Lebendigkeit, Präzision, Charme oder Erschütterung nie vergessen.

Aus einen Referat vom 4. Dezember 1951 ein Zitat:

„Jedem bedeutenden Werk der Opernliteratur liegt fraglos und nachweislich eine echte theatralische Vision zugrunde. Komponist und Autor wollten nichts anderes bewirken als das menschlich wahrhafte Theatererlebnis und haben sich - jeweils auf ihre Art - die vielfältigen, aber auch strengen Gesetze der Bühnengestaltung erobert. Die Musik eines solchen Werkes dient ausschließlich des im dramatischen Vorgang befindlichen Menschen.

 

Eine den Absichten dieser Autoren gerechte und gültige Wiedergabe des Werkes vereint daher die Freunde dramatischer Gestaltungskunst und die Freunde der Musik und des Gesanges im musikalischen Theatererlebnis."

Aus dem Kreise seiner Assistenten, die sich vom 'Meister' zwar emanzipierten, aber das Werk immer respektierten, gingen Joachim Herz und Götz Friedrich hervor, mit dem ich das anstrengende Vergnügen hatte: ‚'Carmen', 'Salome', 'Troubadour und 'Figaros Hochzeit' zu erarbeiten.

Die etikettierungssüchtigen Wissenschaftler haben für Felsenstein und seine Nachfolger das Schlagwort vom 'Realistischen Musiktheater' erfunden, wohl in Anlehnung an den 'sozialistischen Realismus', um ihnen eines auszuwischen, weil die 'Komische Oper' zufällig in Ost-Berlin lag. Aber Oper kann niemals realistisch sein, denn kein Mensch singt, wenn er verzweifelt oder wütend ist oder stirbt - nur im 'Wunder Oper'.

Gustav Gründgens und Jürgen Fehling arbeiteten intelligent, ästhetisch und werkdienlich, in der Oper brachte einen radikalen Umbruch und Neuanfang ab 1951 in Bayreuth: Wieland Wagner. Das Spannungsgeflecht der handelnden Personen auf einer häufig leeren Bühne, wenige Symbole und aussagestarke Farben, so schuf er Archetypen und Rituale, wurde ein weltweit gefragter Regisseur und durch ihn wurde 'das In-Szene-setzen' zur eigenständigen, aber immer noch am Werk orientierten Kunst. Die Revolte der 68er war als Reaktion auf den blinden Gehorsam der Nazi-Zeit und vieler noch amtierender Altnazis und Sympathisanten notwendig, brachte uns Frauen die allmähliche Umsetzung des Gleichheitsgesetzes von 1957, aber den Wahlspruch: "Macht kaputt, was euch kaputt macht" hat die deutsche Gründlichkeit so gründlich befolgt, dass die Tugenden, die das menschliche Zusammenleben regeln - Ehrlichkeit,

Höflichkeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Rücksichtnahme, Treue, Mitgefühl, Fleiß, Disziplin - verhöhnt und abgeschafft wurden. Antiautoritäre Erziehung, Mengen soziologischer Begriffe ergossen sich über uns. Es gab wilde Happenings und das 'Werk' wurde zum Abbruch freigegeben für assoziative Bilder und Aktionen.

 

Aus der Tanzkunst wurden brutale oder melancholische Performances und die aus der Dresdener Palucca-Schule stammende Ruth Berghaus landete im 'Berliner Ensemble' mit den choreographischen Schlachtszenen im 'Coriolan' einen genialen Coup, wurde aber im Laufe ihres Lebens humorlos, spröde und didaktisch eng, wie sie war, zur Begründerin dessen, was man 'Regie-Theater' nennt. Ihre verrätselten Bilder, die Nichtidentität ihre Figuren als Ausdruck ihrer gesellschaftlichen Entfremdung, die politische Begründung jeder Aktion waren ihr Markenzeichen.

Ihr 'Ring des Nibelungen' in Frankfurt - vor lauter verquasten Symbolen wusste man nicht, in welchem Stück man sich befand. Nach ihr kamen die Epigonen - Josef Beuys behauptet: „Jeder Mensch ist ein Künstler" und ein Musical führt den Titel 'Anything goes' und das Ergebnis ist ein entsprechendes.

Die Vertreter des neuen Musiktheaters, von übersättigten Kritikern und vor allem der Zeitschrift Theater heute' propagiert, bringen ihre infantilen Analprobleme, ihre pubertären Sexual-Abnormitäten und Potenz-Schwierigkeiten wie auch Machtphantasien auf die Bühne, quälen damit die Darstellerinnen und Darsteller - bis zur Entwürdigung und belästigen das Publikum. Leider aber bestärken die Proteststürme des Publikums die Vertreter des Musiktheaters, die Spirale von Gewalt und Sex auf der Bühne immer weiter zu drehen.

 

Wann greifen die Intendanten als Wahrer der zur Verfügung stehenden Gelder ein, wann ist der Höhepunkt des Ekels erreicht, wann schlägt das Pendel mit der philosophischen Ausrede von Jacques Derrida's Dekonstruktion zurück? -

Wie lange geht es so weiter - bis keiner mehr hingeht?

 

Für die Regie ist das Werk und der darin enthaltenen Wille des Autors oberste Maxime, die sorgfältig studiert, mit den technischen und künstlerischen Mitteln der Gegenwart interpretiert wird.

Für das Regie-Theater ist der Wille des Autors irrelevant. Das Werk wird vom Regisseur als gleichberechtigtem Co-Autor dekonstruiert, nach seinem Willen zur Konkretisierung heutiger Lebensgefühle mit den Mitteln zeitgenössischer Medien:

Installation, - Video, - Aktionen - auf die Bühne gebracht und mit den Erkenntnissen der Tiefenpsychologie und Soziologie begründet.

 

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Schlussbemerkung

Die Intendanz – Ein Fürstenthron

Für den speziellen Opernfreund ist das Gläschen Sekt mit dem Intendanten nach der Premiere so etwas wie die Erhebung in den Adelsstand. Ihn umgibt die Aura als die eines Fürsten und Herrn über Leben und Tod.

Ich habe acht von ihnen erlebt und überlebt:

1.)
den gewitzten Geschäftsmann und Überlebenskünstler;
2.)
den aalglatten, intellektuellen Schöngeist;
3.)
den unnahbaren Repräsentanten der Macht;
4.)
den energischen Neuerer mit dem Gespür für zukunftsweisende Talente;
5.)
den treusorgenden Hausvater;
6.)
den sprühenden Vollblut Theatermenschen;
7.)
den (interemistisch) gefährlich-ängstlich Bewahrenden;

8.)
den antoprosophischen Menschenfreund, an einer glanzvollen Theatervergangenheit orientiert.

Eine wahrhaft bunte Mischung!

Das Theatergebäude ist scharf in zwei Teile getrennt. Auf der einen Seite wird laut und schwitzend gesungen, getanzt, gegeigt, und geblasen – auf der anderen Seite ist es leise und unheimlich.
Hier wird über Spielpläne, Besetzungen und Kündigungen unterschieden, Honorare und Verträge werden ersonnen, und getreu dem Sprichwort ’gehe nie zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst!’
meiden die hart arbeitenden Menschen  von der anderen Seite dieses verminte Gelände.
Die Ausnahme ist natürlich das quirlige Betriebsbüro, das alles am Laufen halten muss und in dem man auf den heiß ersehnten  Urlaubsschein wartet, um bei einem Konzert oder Bühnengastspiel das mickrige Gehalt aufbessern zu können. Den Urlaubsschein unterschreibt natürlich der Intendant, der voller Genuss das arme Sängerlein zappeln lässt.

Wie aber wird man Intendant?
Dem Internet kann man die Beschreibung des Berufsbildes nach ’einem einschlägigen Gutachten’ formuliert, entnehmen.
In jeden ’anständigen’ Beruf: Schreiner, Dachdecker, Uhrmacher, Arzt, Lehrer absolviert man eine Lehre oder ein Studium. Bezüglich des Intendantenberufs steht aber dort kurz und knapp:
’Eine Ausbildung zum Intendanten gibt es nicht!’
Weiter heißt es, nach einigen Studienempfehlungen:
’Wer den Beruf des Intendanten anstrebt, sollte frühzeitig auf seine Person aufmerksam machen, entsprechende Kontakte knüpfen und in Führungspositionen arbeiten, um seine Fähigkeiten herausstellen zu können.’
 

Dieser Satz führt natürlich zu Niccolo Machiavelli und seinen nie alternden Anleitungen zum Machterwerb und Machterhalt.

Ministerien, wenn sie einmal installiert sind, wollen nicht gestört werden, so dass die zweite oder dritte Reihe der Mitarbeiter nach zufälliger Kenntnis des Marktes eine/n Intendanten/in vorschlägt.
Der Aufsichtsrat eines Theaters – bestehend aus Mitarbeitern der Verwaltung der betreffenden Kommune, aus Juristen, Geschäftsleuten, fachfremden Personen - sagt “Ja und Amen“ und schon ist mit ’der notwendigen Diskretion’, wie das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur mitteilte – ein/e Intendant/in inthronisiert.
Auf eine öffentliche Ausschreibung – um Transparenz und Fairness walten zu lassen – wurde für Hannover seitens des grünen Nds. Ministeriums verzichtet.

So ins Amt gekommen muss der oder die jetzt die Macht sichern, in dem er / sie erstmal das bisherige Ensemble kündigt.

’Es ist also wohl zu merken, dass derjenige, der sich der Herrschaft bemächtigen will, alle Grausamkeiten mit einem Mal vollführen muss, um nicht alle Tage wieder anzufangen.
[…]

Alle Verletzungen anderer müssen auf einmal geschehen, damit sie weniger überdacht und besprochen und weniger tief gefühlt werden.
Wohltaten aber müssen nach und nach erzeigt werden, damit man sich unaufhörlich damit beschäftigt’.
(Niccolo Machiavelli: ’Der Fürst’, Seite 39
Fischer Taschenbuchverlag)

Problemtisch werden derartige erste Aktionen insofern, wenn der oder die ins Amt kommt und die öffentliche Meinung schon im Vorfeld gegen sich hat. Besonders dann, wenn auf Empfehlung jemand noch kurz vor der Rente in eine solche Position gehievt wird, um die Ansprüche für die Altersversorgung möglichst hoch zu treiben.
Da gab es Herrschaften, denen der Job zuteil wurde als sie mit 55 Jahren wechselten mit der Aussicht durch eine Vertragsverlängerung die 65 zu erreichen, um dann in Rente zu gehen.
Man kann natürlich, wenn die ’Promotion’ gut funktioniert hat, auch mit 59 Jahren den Dienst noch antreten, muss sich aber überlegen:
“Wo komme ich her, wo gehe ich hin?!“.
Zusätzlich schwierig das alles, wenn der oder die ’verbrannte Erde’ an der neuen ’location’ betritt.

Natürlich will der Opernfreund nicht fortwährend die gleichen Inszenierungen mit den gleichen Leuten erleben, aber immer der gleiche Ekel unter wechselnden Intendanten ist unangenehmer und kostenträchtiger als gleich bleibende Schönheit in einer zunehmend verrohenden Welt zu ertragen.

Dem ’wahren Opernfreund’ sei geraten, das Glas Sekt mit der Theaterleitung nach einer Premiere mit Vorsicht zu konsumieren.

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Impressum

 



erscheint als nichtkommerzielles Beiblatt zu



- ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg

Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
KS Prof. Marie-Louise Gilles

Dipl. - Kulturwissenschaftlerin
Büro 30655 Hannover – Fehrsweg 2

info@kulturjournal-hannover.de

 

Peter Lang
Büro 93047 Regensburg – Holzländestr. 6

info@kulturjournal-regensburg.de

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Ersterscheinung der Ausgabe Regensburg am 27.07.2007
Erscheinungsweise: kulturjournal-regensburg zehn Mal pro Jahr von Februar bis August und Oktober bis Dezember

Ausgabe des Beiblattes als ’Mitteilung an meine Freunde’ mit Auszügen aus dem
’kulturjournal-regensburg’ in loser Reihenfolge, gebräuchlich am Anfang eines Monats

Titelbild: Georges Bizet – ’Die Perlenfischer’ – Theater Regensburg – Inszenierung ML Gilles / Bühnenbild und Licht Olaf Zombeck

Verteilung Regensburg: Direktversand, Hotels, Theater, Galerien, Veranstaltungsorte, Tourist-Info, Bahnhöfe
Verteilung Hannover: Direktversand an ausgewählte Leserschaft,
Mitglieder der Bürgerinitiative Opernintendanz, Niedersächsische Landesregierung,
Politische Parteien im Nds. Landtag, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Bund der Steuerzahler, Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, Richard-Wagner-Vereine, Feuilletons von Tageszeitungen
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover

Veröffentlicht auch auf: www.marie-louise-gilles.de

 

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare
nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.
Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen, aus dem Internet u.a. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.

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