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        Ausgabe Nr. 15 / Nr. 3 - 2018
 Am 
    8. Februar 2018 veröffentlichte ’Die Zeit’ einen Beitrag von Peter Kümmel 
    unter dem Titel ’Macht und Scham’.
 http://www.zeit.de/2018/07/burgtheater-metoo-matthias-hartmann
 
    In diesem fragt er, warum das 
    Thema #MeToo erst jetzt auch das Theater erreicht. Schließlich lebe das Theater vom Unklaren seiner Verhältnisse.
 
 Womöglich werde das Theater gerade deshalb so spät vom #MeToo-Sturm erfasst, 
    weil es sich in den beklagten Verhältnissen schon lange, mit einer gewissen 
    Hoffnungslosigkeit, eingerichtet hat.
 
 Anlass für den Artikel war der offene Brief, den 60 Mitarbeiter und 
    Mitarbeiterinnen des Burgtheaters in Wien publizierten.
 https://derstandard.at/2000073542781/Aufschrei-auf-offener-Buehne-Burgtheater-Mitarbeiter-stehen-gegen-Machtmissbrauch-auf
 
 Dass dieser nun zu diesem Zeitpunkt erscheint, sei nur schwer 
    nachzuvollziehen, wurde doch der damalige Intendant des Burgtheaters – um 
    den es bei der Klage der Mitarbeiter geht - schon 2014 gekündigt, da man ihm 
    eine Mitverantwortung für Bilanzfälschungen unterstellte.
 Diese Vorwürfe seien nun angeblich nach Vorlage von Gutachten nicht mehr 
    haltbar, so dass der Eindruck in der Öffentlichkeit entstehe, man müsse 
    nachlegen.
 
 Auch könnte sein, dass man dem ab 2019 kommenden Intendanten ein Warnsignal 
    senden müsse, denn ihm gehe ein Ruf wie Donnerhall voraus.
 
      
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        Die Zeit, 8. Februar 2018, Seite 42
 Zitat
 […]
 Den scharfen Auswahlverfahren, denen Schauspieler 
        bei der Suche nach Arbeit unterworfen sind, müssten transparente 
        Findungsprozesse gegenüberstehen, wenn es um die Besetzung von 
        Intendantenposten geht.
 […]
 Zitatende
 
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    Gerade dies - Transparenz und 
    Fairness - wurden bei der Besetzung von Oper und Schauspiel in Hannover von 
    der rot-grünen Regierung und deren Mitarbeiter vermieden. Die 
    HAZ vom 
    28.01.2017 15:14 Uhr berichtete, Verwaltungsdirektor der Nds. 
    Staatstheater Hannover GmbH - Jürgen Braasch - zeige sich 
    “überzeugt, dass die Fachleute im Kulturministerium 
    – vor allem Annette Schwandner, die Leiterin der Kulturabteilung, und Detlef 
    Lehmbruck, Referatsleiter für Theater und Musik – über die nötige Kompetenz 
    für die Auswahl verfügen.“ 
    Edgar Selge gab  ein Interview, in welchem er sich 
    schon 2016 beschwerte:
 
 
      
        | Der Stern  - 26. August 2016 - 14.48 Uhr 
 Zitat
 
 "[...]
 Wenn ich daran denke, dass in meinem Vertrag steht, wie bei allen 
    anderen Kollegen in Deutschland auch:
 "in künstlerischen Fragen ist der Schauspieler weisungsgebunden, dann sehe 
    ich rot.
 [...]"
 
 Zitatende
 
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    Die Initiative 'Art but fair' reklamierte in einem Gespräch mit der 
    Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2016 mehr Rechte für Künstler.
 So auch bei der Auswahl von Leitungspersonal von Theatern.
 
 Aber auch die Regelung von Arbeitszeiten, Honoraren und Beschäftigung müssen 
    mit dem Personal abgestimmt werden.
 In einer Studie hat 'Art but fair' festgestellt, dass 35 Prozent der 
    Befragten Missbrauch durch Vorgesetzte beklagen.
 
 Endlich 
    sind die Themen 'Machtmissbrauch' und 'Sexuelle Übergriff' erneut in der 
    Öffentlichkeit angekommen.
 
 In meiner 'Mitteilung an meine Freunde' Nr. 13 vom Januar 2018 wurde der 
    Intendant als absolutistischer Herrscher behandelt.
 
 Jetzt häufen sich grundsätzliche Meldungen über unerträgliche Zwänge, 
    denen sich Darsteller unterwerfen müssen.
 
 
      
        | Hannoversche Allgemeine Zeitung - 13. Februar 2018 - Seite 26 
 Zitat
 "Vorwürfe gegen Regisseur
 MeToo in Braunschweig?
 Der ehemalige Braunschweiger Operndirektor Philipp Kochheim sieht sich 
        Vorwürfen der sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Wie der 
        Österreichische Rundfunk berichtet, gab es im Umfeld einer Produktion 
        des Musicals „Ragtime" an der Oper Graz, die Kochheim im Januar als Gast 
        inszeniert hat, Beschwerden über den Regisseur.
 
 Vier Frauen gaben an, von Kochheim belästigt worden zu sein, berichtet 
        der Sender. Der Regisseur habe sie teils mitten in der Nacht auf 
        sozialen Netzwerken kontaktiert, ihr Aussehen kommentiert und ihnen 
        Engagements in Aussicht gestellt. Kochheim selbst räumt die 
        Annäherungsversuche ein, bezeichnete sie aber als Privatangelegenheit, 
        die nichts mit seiner beruflichen Position zu tun habe.
 
 Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gab es am Wochenende auch Reaktionen in 
        Braunschweig, wo Kochheim - seit 2017 Intendant der Dänischen 
        Nationaloper in Aarhus - von 2013 bis 2017 Operndirektor war. Bei der 
        „Braunschweiger Zeitung' ging ein Brief ein, in dem von ähnlichen Fällen 
        während Kochheims Zeit am Staatstheater die Rede war. Recherchen des 
        Blattes konnten die Vorwürfe aber nicht erhärten.
 
 Intendantin Dagmar Schlingmann, die seit Sommer in Braunschweig ist und 
        Kochheim nicht kennt, sagte gestern, sie setzte sich für ein Klima des 
        Vertrauens an ihrem Haus ein. Ihre Grazer Amtskollegin Nora Schmidt 
        kündigte derweil an, künftig nicht mehr mit Kochheim zusammenarbeiten zu 
        wollen."
 [...]
 
 Zitatende
 
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    Natürlich 
    fragen sich 'normale' Bürger, warum junge Menschen Tanz, Gesang und 
    Schauspiel studieren wollen, und, wenn sie einen Studienplatz erkämpft 
    haben, jahrelang lernen, Prüfungen machen, dann sich Agenturen vorstellen 
    müssen, sich gelangweilten Intendanten vorstellen müssen, um, wenn sie sich 
    ein Engagement erkämpft haben, stehen sie endlich auf der Bühne, liefern das 
    Erarbeitete ab und oft genug kann das Publikum nichts damit anfangen, weil 
    die Regie das Werk bis zur Unkenntlichkeit verdreht hat.Dass sie teilweise unter 'merkwürdigen Arbeitsbedingungen' und nahezu 
    rechtlos der Regie und der Theaterleitung ausgeliefert sind, erfährt die 
    Öffentlichkeit nur selten.
 
 
 
      
        | Süddeutsche Zeitung - 20. Februar 2018 - Seite 36 
 Zitat
 "Das „System Kuhn"
 Vorwürfe gegen den Leiter der Festspiele in Erl
 
 Erl - Regisseur, Dirigent und künstlerischer Leiter, damit vereint 
        Gustav Kuhn die drei wichtigsten Ämter der Tiroler Festspiele in Erl in 
        seiner Person. Nun veröffentlichte der österreichische Enthüllungsblog 
        dietiwag.org eine Reihe anonymer Äußerungen von in Erl beschäftigten 
        Künstlern, die die schlechten Arbeitsbedingungen und das autoritäre 
        Verhalten Kuhns anprangern. Der Blogger Markus Wilhelm stellte die 
        Zitate sowie ebenfalls anonymisierte Passagen aus Arbeitsverträgen am 
        13. Februar online.
 Daraus geht hervor, dass die Künstler zu Dumpinglöhnen beschäftigt und 
        übliche Arbeitszeiten nicht eingehalten worden sein sollen. Außerdem, so 
        heißt es in den Einträgen, pflege Kuhn ein autoritäres, unangemessen 
        angstschürendes, in Einzelfällen zudringliches Verhalten gegenüber den 
        Künstlern. In Zeiten der „Me Too"-Debatte reagiert die Öffentlichkeit 
        auf diese Themen sensibel, die österreichische Zeitung 'Der Standard' 
        hat Wilhelms Veröffentlichungen bereits aufgegriffen.
 
 Zitatende
 
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    Einigen mutigen Filmdarstellerinnen ist zu danken, jetzt Übergriffe von 
    'Entscheidungsträgern' zu veröffentlichen, denen sich inzwischen zahlreichen 
    ebenfalls Betroffene in der 'Me Too'-Bewegung anschließen.
 
 Aber prompt regt sich der Widerspruch und fürchtet um die 'Freiheit der 
    Kunst' prognostiziert einen puritanischen Tugendterror und will nicht 
    wahrhaben, dass des auch ein zivilisiertes Miteinander gibt, in dem Respekt, 
    Zuverlässigkeit und Höflichkeit die Regeln sind.
 
 Die meisten von uns haben bisher gut damit gelebt, bis das 'anything goes' 
    ausbrach.
 Einer brachte das Wort das Wort 'Scheiße' so in Mode, dass es auch in 
    München auf der Bude - bei Richard Wagners Schusterstube - des Penners Hans 
    Sachs steht, die britische Modeschöpferin Vivian Westwood, als Genie 
    gepriesen, propagiert als Mode ein Gerümpel aus nicht zusammenpassenden 
    Fetzen, die jungen Schauspieler nuscheln ihre Texte unverständlich herunter, 
    weil es cool ist authentisch zu sein.
 
 Man starrt auf das Smartphone, ist vor lauter Bemühung um seine 
    Individualität gleich grau mit Turnschuhen gekleidet, der Wortschatz ist zu 
    einigen Likes und Emojies geschrumpft und man sucht das Heil in der 
    Digitalisierung, was aber nichts anderes ist, als das Bestehende in Zahlen 
    zu fassen, also nichts als ein Hilfsmittel.
 
    
    Wichtiger als alles Getöse um Bankengewinne, Schurkereien der 
    Automobilbosse, alle die Gauner, die sich durch 'legale' Wahlen, zu Herren 
    der Welt gemacht haben, ist die Stabilität der Vernünftigen. Sie müssen 
    denen beistehen, die unter einen System von Ausbeutung und Diffamierung 
    leiden, das seinen Ursprung sowohl sowohl in den patriarchalen Religionen 
    als auch im gewissenlosen Kapitalismus hat.   
    
 
      
        | Der Spiegel  - 10. Februar 2018 - Seite 110 
 Zitat
 'Erweiterte Kampfzone'
 [...]
 "Wenn es nicht um Moral und Anstand, Pornografie und Jugendschutz geht, 
        dann um die Frau als Objekt und als Opfer, um die pornografische 
        Zerstückelung des weiblichen Körpers, um Männerfantasien, um maskulin 
        dominierte Machtverhältnisse. Aber müsste es nicht mindestens ebenso 
        laut darum gehen, was Kunst darf und dürfen muss und wer das zu 
        bestimmen hat? Hat die Kunstfreiheit Grenzen?"
 [...]
 
 Zitatende
 
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    Zweifelsohne hat auch die Freiheit der Kunst ihre Grenzen, zumal dann, wenn 
    die Gelder an Kunstinstitutionen verteilt werden, die dann auch in Honorare 
    für Regisseure, Bühnen- Kostümbildner und vor allem das Führungspersonal 
    wahllos verteilt werden.
 
 Hierzu wird auf Heft 2 / 2018 ab Seite .... verwiesen auf denen Beispiele 
    für die Bezahlung von Intendanten aufgezeigt werden, die dann ihren 
    Verpflichtungen nicht nachkommen und Steuergelder verplempern.
 
    
    
    
  
    
    Kalenderblätter
 
 
 
      
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        ’Der zerbrochne Krug’... 
        am 02. März 1808 uraufgeführt
 
 Am Abend des 02. 
        März 1808 fällt im Weimarer Hoftheater Heinrich von Kleists populärstes 
        Werk - 'Der zerbrochne Krug'- durch.
 
        Goethe, damals Intendant des Hoftheaters, hatte das Stück akzeptiert, 
        jedoch in drei Akte zerteilt und damit die Spannung genommen. Zudem war 
        dem 'Krug' noch das Stück 'Der Gefangene' vorausgegangen. |  
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 Aus: 'Goethes Verhältnis zur Romantik' von Hartmut 
            Fröschle
 
 |  Im Jahre 
        2005 lief 'der Krug' im Velodrom des Theaters Regensburg.
 Striche verstümmelten z.B. den Monolog der 
        Marthe Rull, der die Hinweise auf die Verbindung der Eve zum Richter 
        Adam über die Frage nach der Pflege von Perlhühnern beinhaltet.
 Unter
        
        Kritik_'Der_zerbrochne_Krug'
        erschien eine Beschreibung des Eindrucks, den man von dieser 
        Produktion haben musste.
 
 2009 kam 
        am Residenztheater in München unter der kaufmännischen Leitung von 
        Holger von Berg der 'Krug' heraus. Maßgebliche Zeitungen gaben ihre 
        Meinung kund. Ausschnitte sind unter:
 
 Kritik_'Der_zerbrochne_Krug' - 
        Bayer._Staatsschauspiel_-_Nachlese
 
 zusammengefasst.
 
 Er gehört einfach ins Repertoire, so auch bei Peymann
 
 Kritik_'Der_zerbrochne_Krug' - 
        Berliner_Ensemble
 
 - und ebenfalls im
        
        MGT Berlin spielte man Kleist's 
        Meisterwerk.
 
 
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        Therese Giehse... 
        am 6. März 1898 geboren
 
        Eigentlich hieß sie Therese Gift und wurde als Tochter des jüdischen 
        Textilkaufmanns Salomon Gift und dessen Frau Gertrude - geb. Heinemann - 
        am 06. März 1898 in München geboren. 
        Eine Ausbildung zur Schauspielerin erhielt sie in ihrer Heimatstadt, 
        ging in ihren Anfängerjahren nach Siegen, Landshut, Breslau - von wo sie 
        nach München empfohlen, bei Otto Falckenberg an den Kammerspielen ein 
        Engagement bekam. 
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        Schon am 6. Dezember 1932 erspielte sie sich an diesem renommierten 
        Theater einen besonders großen Erfolg. Die Kritik bezeichneten sie als 
        'Käthe Kollwitz' der Bühne. 
        Als Otto Falckenberg aus Anlass des 70. Geburtstages von Gerhart 
        Hauptmann dessen 'Ratten' aufführte, war die Giehse die 'Mutter John'. 
        Marianne Hoppe die spätere Frau Gründgens war die 'Piperkarcka'. 
        Im Zuschauerraum saß die geliebte Freundin der Giehse, die geschiedene 
        Frau Gründgens - Erika Mann. 
        Anfang 1933 gründete sie gemeinsam mit Erika Mann das Kabarett 'Die 
        Pfeffermühle', in dessen Programm sie die aktuelle Situation in 
        Deutschland anprangerte. 
        Nach der Machübernahme durch die Nazis emigrierte sie, als 'artfremd' 
        bezeichnet, im März 1933 in die Schweiz. 
        Mit dem Programm der Pfeffermühle gastierte sie von dort aus mit großem 
        Erfolg im noch nicht besetzten europäischen Ausland. 
        1936 heiratete sie den englischen Schriftsteller John Hampson-Simpson, 
        wodurch sie einen britischen Pass erhielt.
 Als Mitglied des Züricher Schauspielhauses spielte sie1941 bei der 
        Uraufführung die Titelrolle in Brechts 'Mutter Courage' und die 
        Schmuggleremma in Brechts 'Puntila und sein Knecht Matti', die Claire 
        Zachanassian im 'Besuch der alten Dame' und die Irrenärztin Mathilde von 
        Zahnd in 'Die Physiker'.
 
        1949 war sie bei Brecht in Berlin in der Produktion von 'Wassa 
        Schelesnowa'. 
        Dort traf sie wieder mit der Hoppe zusammen. 
        Nach dem Krieg - wieder an den Kammerspielen in München - spielte sie 
        u.a. in Hauptmanns 'Ratten' und Büchners 'Woyzeck'. 
        Mit Marianne Hoppe wohnte sie im gleichen Haus in München. 
        Als Therese Giehse 1975 krank wurde, vermachte sie der Kollegin schöne 
        alte Möbel aus ihrer Wohnung.
 Michael Verhoeven hatte sein Medizinstudium beendet, inszenierte zum 
        ersten Mal in München und 'die Giehse' assistierte ihm als erfahrene 
        Kollegin.
 
        Während der Arbeit starb sie. 
        Paul Verhoeven hielt die Trauerrede und erlitt während derer eine 
        Herzattacke, die der Sohn nicht behandeln konnte. 
        Und so starb der Vater während der Trauerfeier für die große Kollegin 
        Therese Giehse. |  
    
	 
      
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        Moses und Aaron    
        ... am 12. März 1954 in Hamburg uraufgeführt 
        Eine szenische Aufführung fand in Zürich am 6. Juni 1957 statt. Die 
        Komposition des Werkes war von Schönberg nicht vollendet worden. 
        In den zwanziger Jahren hatte Schönberg mit der Rückwendung zum 
        jüdischen Glauben einen neuen Weg für sich eingeschlagen, war er doch 
        1892 zum evangelischen Glauben übergetreten. |  
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        Dies dokumentierte 
        sich auch in einem von ihm geschaffenen Text für ein Schauspiel 'Der 
        biblische Weg' und führt zur Textdichtung und zur Komposition von 'Moses 
        und Aron' in den Jahren 1930 - 32.
 
 Schon 1923 hatte Schönberg sich Kandinsky gegenüber geäußert, dass er 
        nun endlich kapiert habe, kein Deutscher, kein Europäer, nicht einmal 
        ein Mensch zu sein - sondern Jude.
 
        1924 starb der Leiter der Meisterklasse für Komposition an der 
        Preußischen Akademie der Künste in Berlin, Ferruccio Busoni, und 
        Schönberg übersiedelte nach Berlin, um die Stelle als Nachfolger 
        anzutreten. 
        Am 1. März 1933 fielen in einer Sitzung des Präsidiums der Akademie 
        diskriminierende Äußerungen, gegen die sich Schönberg zur Wehr setzte. 
        Als Präsident der Akademie antwortete Max von Schillings hierauf am 23. 
        Mai in einem Schreiben und entließ Schönberg mit Wirkung zum 30. Juni 
        1933. 
        Zu dem Zeitpunkt war der bereits mit seiner Familie nach Frankreich 
        abgereist, von wo er im Herbst zur Erfüllung von Lehraufträgen in die 
        Vereinigten Staaten von Amerika ging. 
        Hier konvertierte er zurück zum jüdischen Glauben. 
        1938 erklärte Reichskultursenator Ziegler die Atonalität, die auf der 
        Harmonielehre des Juden Schönberg fuße, als ein Produkt des jüdischen 
        Geistes - wer davon esse, stürbe daran.
 'Moses und Aron' fasst Schönbergs frühere Erfahrungen auf dem Gebiet des 
        Musiktheaters zusammen, wird aber durch die Form weniger mit der Oper in 
        Verbindung gebracht, sondern mit der eines szenischen Oratoriums. 
        Hierbei tritt der Chor nicht nur als Beiwerk, sondern als 
        Handlungsträger auf, er wird dadurch zum Protagonisten.
 
        1959 brachte die damals im Westen Berlins ansässige Städtische Oper in 
        der Regie von Gustav Rudolf Sellner und der musikalischen Leitung von 
        Hermann Scherchen das Werk heraus, das eine starke Publikumswirkung 
        hatte, so dass diese Produktion als Gastspiel 1961 in Paris und Mailand 
        wie auch 1962 in München und 1966 in Rom gezeigt wurde. 
        Eine Düsseldorfer Produktion (Dirigent: Günther Wich, Regie: Georg 
        Reinhardt) wurde 1968 im Amsterdam, 1969 in Florenz und 1970 in Tokyo 
        und Osaka und 1971 in Warschau gezeigt.
 
        1970 zeigte Hans-Peter Lehmann das Werk in Nürnberg. Hans Gierster 
        dirigierte, die Bühneneinrichtung entwarf Rudolf Heinrich, wobei der 
        Einschluss des 3. Aktes besonders gut gelang und Lehmann einen Weg fand, 
        den ansonsten statisch auftretenden Chor durch eine dynamische 
        Bewegungschoreographie aus dem Oratorium in aktives Musiktheater zu 
        überführen. 
        1985 inszenierte Hans-Peter Lehmann das Werk an der Staatsoper Hannover. 
        Mit George-Alexander Albrecht am Pult, in den Bühnenbildern von Ekkehard 
        Grübler, Choreographie Lothar Höfgen mit Siegfried Härtel und 
        Hans-Dieter Bader.
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        Elisabeth Flickenschildt.... am 16. März 
        1905 geboren
 
        'Flicki' - war Frau 
        Brigitte in der 'Krug'-Verfilmung im Jahr 1937 von Gustav Ucicky, war 
        die Zachanassian in der 'Alte-Dame'-Inszenierung von Ludwig Cremer, die 
        am 19. Februar 1959 in der ARD und am 8.1.2011 anlässlich des 90. 
        Geburtstages von Friedrich Dürrenmatt gezeigt wurde. Sie war die Marthe 
        Schwerdtlein in der 'Faust'-Verfilmung von Gustav Gründgens.
 
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          | Drei Jahre als 
        Anfängerin in München bei Falckenberg. Sie sollte die Paulina im 
        'Wintermärchen' spielen - und fand keinen Zugang zur Rolle, zweifelte an 
        ihrem Talent. 
        Hatte sie sich dieses 
        nur eingeredet? 
        Es kam 1936 - wieder für drei Jahre das Deutsche Theater in Berlin. Sie 
        war die Olga in 'Drei Schwestern' - unter Gründgens im Schauspielhaus am 
        Gendarmenmarkt in Berlin. 
        Dort gleich zu Anfang die 'Quickly' neben Käthe Gold, Marianne Hoppe, 
        Gustav Knuth - aber sie hatte auch zu spielen die Mutter Wolffen im 
        'Biberpelz' - und lag schon vom Typ her daneben. 
 Goebbels sah sie und sie fiel ihm auf im Schauspiel 'Katte' von Hermann 
        Burte, das er am 1. Dezember 1936 in seinem Tagebuch kommentierte:
 
        "Abends Deutsches Theater 'Katte' von Burte. Das Stück ist ein Attentat 
        auf die Tränendrüsen. Zu sentimental. [...] Ich lerne Burte kennen. 
        Keine Leuchte. Ein alemannischer Spießer." 
        Flicki war auch bei dem von Goebbels nach dem 'Anschluss' finanzierten 
        Salzburger Festspielen 1938 im 'Egmont' dabei. 
        Im antibritischen Film 'Der Fuchs von Glenarvon' lobte der 
        Reichspropagandaminister:'Sehr gut für unsere Propaganda zu gebrauchen!' und den Hetzfilm 'Ohm 
        Krüger' fand er '... zum Rasendwerden'.
 
        1942 kam mit ihr der Film 'Der große König' heraus - was kommentiert 
        wurde mit: 'Am Sieg zweifeln ist Hochverrat'. 
        Dieser 'Film wurde zum politischen Erziehungsmittel erster Klasse'. 
        Joseph Goebbels setzte sie auf die Liste der unersetzlichen Schauspieler 
        des Reichspropagandaministeriums. 
        Nach dem Krieg von 1947 bis 1954 am Düsseldorfer Schauspielhaus - da war 
        sie die Klytämnestra in Sartres 'Die Fliegen'. 
        Neue Stücke wurden gespielt: 
        'Die Cocktailarty', 
        'Der Familientag', 
        'Der Privatsekretär', 
        'Herrenhaus' - 
        und dann Hamburg - Gründgens ist auch da wieder ihr Intendant. 
        Hier 'Sappho' von Durrell und eben Dürrenmatts 'Der Besuch der alten 
        Dame' wie auch Hamsuns 'Vom Teufel geholt'. 
        Nach dem Tod von GG drehte sie eine größere Anzahl von Filmen, in denen 
        sie - meist verhüllt durch ein großes Kopf- und Halstuch - 
        geheimnisvolle und auch z.T. undurchsichtige Figuren verkörperte. 
        Sie war interessiert an Geld, von dem sie sich in der Nähe von Hamburg 
        einen Bauernhof kaufte, nachdem sie den in Bayern aufgegeben hatte.
 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40749060.html
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 | Margarete .... am 19. März 1859 uraufgeführt
 
        
        Obwohl 
        das Ganze den Franzosen zunächst 'zu deutsch' erschien, setzte die Oper 
        sich schnell durch und kann bis in die heutige Zeit auf mehr als 3.000 
        Aufführungen zurückblicken. 
        Gounod 
        lernte Goethes 'Faust'-Dichtung bereits um 1828 kennen. Doch erst Carrés 
        französische Fassung, dem Drame fantastique 'Faust et Marguerite' regte 
        ihn zu einer Oper angeregt, die schließlich 1856 bis1858 in 
        Zusammenarbeit mit dem Librettisten Barbier entstand.
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          | Von der Pariser Opéra wurde das Werk abgelehnt, so dass es schließlich 
        am Théâtre Lyrique seine Uraufführung erlebte und dort bis 1868 bereits 
        mehr als 300 mal gespielt wurde.
 
        
        Die 
        Erstfassung wurde im Stile der Opéra comique aufgeführt, also mit 
        gesprochenen Dialogen. 
        Später wurden diese durch komponierte Rezitative ersetzt. Auch einige 
        Szenen kamen für die Aufführung an der Pariser Oper noch dazu wie die 
        Romanze des Siébel, die Arie des Valentin, die Ballettmusik zur 
        Walpurgisnacht, die Serenade Mephistos. 
        Die deutsche Erstaufführung am 15. Februar 1861 in Darmstadt, wobei in 
        Deutschland die 'zu französische Bearbeitung der Goetheschen Dichtung' 
        auf Widerstand stieß. Man hatte eine fast eins-zu-eins Übernahme des 
        Originals erwartet und sah sich nun einem Werk gegenüber, das dem 
        Publikum musikalische Nummern präsentiert, die ihre Wirkung bis heute 
        nicht verloren haben. 
        Nach Darmstadt folgten in Deutschland Stuttgart und Dresden und im 
        Ausland Mailand und London wie später auch New York.
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        Arturo Toscanini... am 25. März 1867 geboren
 
 Nach einem 
        Cello-Studium und Einsatz im Orchester während einer Süd-Amerika-Tournee 
        wurde er als 19-Jähriger überraschend gebeten, für den erkrankten 
        Dirigenten einzuspringen und eine Vorstellung der 'Aida' zu dirigieren.
 Nach der Rückkehr nach Italien widmete er sich dem Ausbau seiner 
        Dirigier-Erfahrungen während mehrerer Theater-Spielzeiten.
 
        In Mailands Teatro Dal Verme dirigierte er 1892 die Uraufführung von 
        Leoncavallo’s 'Pagliacci'. |  
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          | Drei Jahre später wurde der zum künstlerischen Leiter des Teatro 
        Regio in Turin ernannt, wo er die Uraufführung von Puccini’s La Boheme, 
        die erste italienische Aufführung von Wagner’s 'Götterdämmerung' und die 
        erste lokale Aufführung von 'Tristan und Isolde' dirigierte.
        An der Mailänder Scala, an der er von 1898 bis 1903 und von 1906 bis 
        1908 engagiert war, leitete er die ersten italienischen Aufführungen von 
        Wagner’s 'Siegfried', Tchaikovsky’s 'Eugene Onegin', Strauss’s 'Salome', 
        Debussy’s 'Pelléas et Mélisande'.
        Er begann sein Engagement in Mailand mit 'Meistersinger' und wurde von 
        der Öffentlichkeit attackiert, als habe man nicht genügend Opern in 
        Italien, die man zu einem solchen Anlass aufführen könne. Mascagni, 
        Puccini kritisierten dieses Wagner-Programm - Heinrich Porges dagegen 
        fand die Wiedergabe zwar von jugendlichen Urarten durchsetzt, aber mit 
        optimaler Ausschöpfung der Details.
        Eugen d'Albert - auch bei der Meistersinger-Vorstellung an der Scala 
        zugegen, meinte, Toscanini habe das Werk zu geschwind durchlaufen 
        lassen.
        Das Publikum war begeistert und forderte Dacapos für die Stolzing-Arien.
        1899 besuchte Toscanini die Bayreuther Festspiele und erlebte dort die 
        'Meistersinger' unter Hans Richter. Mit dem auch anwesenden Edward Elgar 
        diskutierte man Fragen der Werktreue - er habe eingesehen, dass seine 
        bisherigen Dirigate der Werke Wagners unter zu geringer innerer 
        Beteiligung gelitten hätten.
 Schon in der Mitte der 20-er Jahre war Toscanini mit dem Faschismus in 
        Italien konfrontiert worden - er verließ Italien und wurde Leiter des 
        New Yorker Philharmonic Orchestra, reiste mit dem Orchester und wurde 
        wegen der Qualität seiner Dirigate gerühmt.
        1929 gab er einen Empfang im Adlon, zu dem tout Berlin von Eleonora von 
        Mendelssohn, der Tochter es Bankiers Robert von Mendelssohn, eingeladen 
        worden war - ausdrücklich unerwünscht waren Personen, die dem Dirigenten 
        Furtwängler nahe standen. Dieser hatte Toscanini einen 'Pedanten' und 
        'Schulmeister' genannt.
        Als Furtwängler die stellvertretende Leitung der Reichsmusikkammer 
        niederlegte und ernsthaft erwog, in die USA zu gehen, widersetzte sich 
        Toscanini diesem Gedanken, als er drohte New York zu verlassen, wenn 
        Furtwängler als ein den Nationalsozialisten Nahestehender nach Amerika 
        käme.
        1930 leitete er die Vorstellungen von 'Tristan und Isolde' mit Lauritz 
        Melchior, Nanny Larsen-Todsen, Alexander Kipnis, Rudolf Bockelmann bei 
        den Bayreuther Festspielen.
 Damals war man in Bayreuth noch verbunden mit der Zeit, die von Richard 
        Wagner herüberreichte, gerade weil am 1. April 1930 Cosima Wagner 
        hochbetagt und am 4. August 1930 der Sohn Siegfried in der Wagnerstadt 
        gestorben war - letzterer mitten während der Festspiele.
        Es gab am 8. August um 19.30 Uhr eine Trauerfeier im Festspielhaus, in 
        der Reihenfolge der Programmpunkte erlebten die Trauergäste das 
        'Siegfriedidyll' unter der Leitung von Arturo Toscanini, Gedenkworte, 
        gesprochen von Kammersänger Carl Braun, das Vorspiel zu 'Der 
        Friedensengel', das Zwischenspiel aus 'Der Heidenkönig' beides Werke von 
        Siegfried Wagner gespielt vom Festspielorchester unter der Leitung von 
        Karl Elmendorff und abschließend den Trauermarsch aus der 
        'Götterdämmerung' unter der musikalischen Leitung von Dr. Karl Muck.
        Und der duldete als musikalische Bayreuther Institution keinen 
        Dirigenten neben sich. Doch 1929 bat Siegfried Wagner Arturo Toscanini 
        in Bayreuth zu dirigieren - den neuen 'Tannhäuser' und eventuell den 
        'Tristan'.
        Und der sagte zu, zum Entsetzten von Karl Muck.
 Toscanini dirigierte den 'Tristan' mit italienischer Inspiration, nahm 
        ihm so die Schwere - der 'Tannhäuser' gelang auch durch die 
        publikumswirksame Inszenierung von Siegfried Wagner. Es war seine 
        letzte.
        1931 - Muck hatte abgesagt - Furtwängler dirigierte trotz der Aversionen 
        Toscaninis in Bayreuth -  allerdings plante Toscanini, den Vertrag 
        deswegen zurückzugeben.
        Winifred Wagner überredete ihn, doch zu kommen - die Saison wurde aber 
        vom Engagement Heinz Tietjens belastet, den der Dirigent mit 
        italienischen Schimpfworten belegte, weil der überall - ohne eine 
        verbriefte Order zu haben - herumschnüffle.
        Nach Hitlers Machtübernahme kam Arturo Toscanini nicht mehr nach 
        Bayreuth, wo er auch 'Parsifal' dirigieren sollte. Er sagte Hitler in 
        einem persönlichen Schreiben ab. Statt seiner trat Richard Strauss ans 
        Pult.Er dirigierte 
        auch bei den Salzburger Festspielen. Als sich der Anschluss Österreichs 
        an das Deutsche Reich abzeichnete, beendete er die Mitarbeit dort.
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 | Tennessee Williams ... am 26. März 1911 geboren
 
 Er stammte aus 
        kleinbürgerlichen Verhältnissen, Vater reisender Schuhverkäufer, lebte 
        in der Kindheit sorgenfrei unter dem Einfluss von Großeltern und Eltern 
        anfänglich in Columbus/Mississippi, dann in St. Louis/Missouri, als 
        Heranwachsender sieht er die Probleme in der eigenen Familie mit 
        Krankheit und Degeneration und er lernt den Unterschied zwischen arm und 
        reich in seiner unmittelbaren Umgebung kennen.
 
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        | Um sein Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitet er in einer Schuhfabrik, 
        beginnt aber schon früh zu schreiben. Er studiert Publizistik und 
        Theaterwissenschaften von 1929 bis 1932 an der Columbia Universität 
        Missouri und Washington University, St. Louis.
 
        
        In dieser Zeit wurde er sich seiner 
        homosexuellen Neigungen bewusst. Seine erste 
        sexuelle Affäre mit einem Mann hatte er in Provincetown, Massachusetts 
        und mit einer Tänzerin namens Kip Kiernan. Er trug ein 
        Foto von dieser Frau für viele Jahre in seiner Brieftasche, versuchte 
        seine Neigungen gegenüber sich selber und nach außen hin zu kaschieren. Als 
        homosexuell geouted wurde Williams von Louis Kronenberger in einem Time 
        Magazine in den 1950er Jahren. Während 
        seiner Zeit in New Orleans traf Williams Frank Merlo und verliebte sich 
        in ihn, einen in der zweiten Generation sizilianischen Amerikaner, der 
        in der US Navy im Zweiten Weltkrieg gedient hatte. Dies war seine 
        einzige dauerhafte Beziehung, die von 1947 bis 1962 dauerte.  In 
        dieser Zeit der Stabilität schuf Williams seine wichtigsten Werke. Die 
        persönliche Veranlagung wie auch die Einflüsse seiner Umgebung 
        übertrugen sich auf seine Werke. Elia Kazan sagte später: 'Alles in 
        seinem Leben ist in seinen Stücken, und alles in seinen Stücken ist in 
        seinem Leben.' 
         Er besuchte 
        in New York den Dramatic Workshop von Erwin Piscator. Zu den 
        Mitarbeitern des Workshops gehörten u. a. Carl Zuckmayer, Stella Adler, 
        Lee Strasberg, Hans José Rehfisch, Kurt Pinthus, Hanns Eisler, Erich 
        Leinsdorf, George Szell und Jascha Horenstein. Bekannte 
        Studenten der Einrichtung waren neben Tennessee Williams, Judith Malina, 
        Gene Saks, Marlon Brando, Elaine Stritch, Harry Guardino, Tony Curtis, 
        Harry Belafonte, Bea Arthur, Michael V. Gazzo, Walter Matthau, Ben 
        Gazzara, Shelley Winters und Rod Steiger. Der erste 
        große schriftstellerische Erfolg stellte sich 1940 mit der 
        'Glasmenagerie' ein. Zwischen 1948 
        und 1959 wurden sieben seiner Stücke am Broadway aufgeführt: Sommer und 
        Rauch (1948), Die tätowierte Rose (1951), Camino Real (1953), Die Katze 
        auf dem heißen Blechdach (1955), Orpheus Descending (1957), Garden 
        District (1958) und Süßer Vogel Jugend (1959). Bis 1959 
        erhielt er zwei Pulitzer Preise, drei New York Drama Critics' Circle 
        Awards, drei Donaldson Awards und einen Tony Award. Hinzu kamen 
        neben anderen Schriften und Dichtungen 1958 'Plötzlich letzten Sommer', 
        1959: 'Period of Adjustment', 1961: 'Die Nacht des Leguan', 1963: 'The 
        Milk Train Doesn't Stop Here Anymore' (Filmadaption: Brandung, 1968) |  
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        Heinrich Mann... am 27. 
        März 1871 geboren
 
        1905 erschien sein im Jahr davor entstandener Roman 'Professor Unrat 
        oder das Ende eines Tyrannen', der von der Bevölkerung Lübecks, seiner 
        Heimatstadt, totgeschwiegen wurde. 
 Der Eindruck, den die 'Buddenbrooks' seines Bruders Thomas schon 1900 in 
        der Hansestadt machten, wirkte hier nach und verunglimpfte Heinrich 
        Manns Erstling mit Weltgeltung. Bereits früher hatte er Novellen und 
        Essays veröffentlicht, die zum Teil starke antisemitische Züge trugen.
 
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          | Ab 1912 arbeitete er an 'Der Untertan', dessen Verbreitung verboten und 
        erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in großen Stückzahlen verkauft 
        wurde.
 
        In beiden Werken - Professor Unrat' und 'Der Untertan' übte Heinrich 
        Mann Kritik an den Zuständen in der wilhelminischen Zeit, das stets 
        gebückt sich vorwärts bewegende Bürgertum, die soziale Ungerechtigkeit, 
        die falsche moralische Entrüstung und der überall spürbare Nationalismus 
        der Bevölkerung. Er stand im 
        Gegensatz zu seinem Bruder Thomas den Kommunisten und Sozialdemokraten 
        nahe, deren Vereinigung er gemeinsam mit Käthe Kollwitz und Albert 
        Einstein forderte. Diese 
        Kontroverse führte zur Entfremdung der Brüder Mann und erst 1922 konnte 
        eine Versöhnung herbeigeführt werden. Unmittelbar 
        vor dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 floh er aus Berlin nach 
        Nizza, später, 1940, weiter mit seiner zweiten Frau Nelly und den 
        Werfels über die Pyrenäen nach Portugal in die USA.
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 | Uraufführung von 'Rusalka' ... am 
        31.3.1901
 
 Nach der 
        Uraufführung in Prag kam die Oper des Nationalkomponisten Antonin Dvorak 
        sehr schnell auf die Bühnen des Böhmischen Teils der 
        Österreich-Ungarischen Monarchie.
 
 Das Ausland zögerte, waren doch der Stoff schon vorher von E.T.A. 
        Hoffmann mit seiner Undine - Libretto von de la Motte Fouqués - 1816 und 
        von Lortzing in seiner Undine1845 vertont worden.
 
 
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          | 1908 wurde das Werk in 
        Laibach gespielt, 1929 folgte eine deutschsprachige Aufführung in 
        Stuttgart. 
 Dvorak hatte den bösen Menschen die guten Naturgeister des Wassers 
        gegenübergestellt.
 
 Heutige Meister des deutschen Trash-Theaters bemächtigten sich des 
        Werkes und lassen in obskursten Bühneneinrichtungen und Kostümen 
        spielen.
 Meist haben diese Inszenierungen eine soziopolitische Basis, deren 
        Konzept dann mit dem Publikum bei einer Tasse Tee ausdiskutiert werden 
        solle.
 
 Ein Beispiel ist die 
        'Rusalka'-Inszenierung an der 
        Nds. Staatsoper Hannover.
 
		
		 
 
          
            | 
			Nds. Staatsoper Hannover
            
 Zitat
 Eröffnungspremiere der Spielzeit 2015/16:
 Antonín Dvořák:
 Rusalka
 Antonín Dvořáks Oper »Rusalka« 
            steht am Beginn der neuen Spielzeit der Staatsoper Hannover. »Rusalka« 
            ist die Geschichte einer unmöglichen und dennoch bedingungslosen 
            Liebe zwischen zwei Wesen aus ganz unterschiedlichen, unvereinbaren 
            Welten. Rusalka muss ein allzu großes Opfer bringen, um mit ihrem 
            geliebten Prinzen zusammenleben zu können: sie wird zwar von einer 
            Nixe in eine Frau verwandelt, muss dafür aber verstummen. Schon bald 
            wendet sich der Prinz einer anderen Frau zu und erkennt zu spät die 
            aufrichtige Liebe Rusalkas. Mit seinem 1901 uraufgeführten 
            »Lyrischen Märchen« etabliert Dvorak 35 Jahre nach Smetanas 
            »Verkaufter Braut« endgültig die tschechische Nationaloper. »Rusalka« 
            wird in tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln gespielt.Mit Dietrich W. Hilsdorf inszeniert einer der 
            bedeutendsten Regisseure erstmals an der Staatsoper Hannover. 
            Hilsdorf hat mit seinen zahlreichen Arbeiten in Schauspiel, Oper und 
            Musical seit vielen Jahren Maßstäbe gesetzt. In Frankfurt/M. zum 
            Schauspieler ausgebildet, ist er seit 1978 als Regisseur tätig und 
            hat seitdem über 130 Inszenierungen an den großen Bühnen des 
            deutschsprachigen Raums erarbeitet. Zu seinen Opernschwerpunkten 
            zählen die Werke Mozarts und Verdis. 2007 wurde ihm der deutsche 
            Theaterpreis »Faust« verliehen.
 Die Bühne hat Dieter 
            Richter geschaffen, der ebenso wie die Kostümbildnerin
            Renate Schmitzer seit vielen Jahren eng mit 
            Dietrich W. Hilsdorf zusammenarbeitet. Die Titelpartie interpretiert 
            die italienische Sopranistin Sara Eterno, die seit 
            2011 fest zum Ensemble der Staatsoper gehört und zuletzt große 
            Erfolge als Rosalinde in der »Fledermaus« und als Margherita/Elena 
            in Boitos »Mefistofele« feierte. Neu im Ensemble ist der koreanische 
            Tenor Andrea Shin, der den Prinzen singt – mit 
            einem Ausschnitt aus dieser Rolle konnte er bereits bei den beiden 
            Eröffnungskonzerten am vergangenen Wochenende begeistern. Als Fremde 
            Fürstin ist Brigitte Hahn zu erleben, die Rolle der 
            Hexe übernimmt Khatuna Mikaberidze. Von der Spree 
            an die Leine zurückgekehrt ist der »Wassermann«-Darsteller 
            Tobias Schabel, der nun wieder zum Ensemble der Staatsoper 
            Hannover gehört. Generalmusikdirektorin Karen Kamensek 
            steht am Pult des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover.Zitatende
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            |  Kommentar
 
 http://www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_27._Oktober_2015_%27Rusalka%27.htm
 
 Thema des Tages
 27.10.2015
 'Rusalka' in 
            Hannover
 
            War es doch sicherlich 
            ganz im Sinne der ehemaligen externen Lehrbeauftragten der HMTMH, in 
            Personalunion mit ehemaliger Präsidentin des RW-Vereins 
            International und Ehrenvorsitzenden des RW-Vereins Hannover, dass 
            hier wieder einmal eine 'modische Inszenierung' eines musikalischen 
            Werkes gezeigt wurde.
 Es ist für das allgemeine Publikum äußerst bedauerlich, dass die 
            Nds. Staatoper dem agierenden Regisseur - woher kommt eigentlich das 
            eingeschobene 'W' im Namen, das gab's doch früher nicht - 
            offensichtlich kein Text-Heft der 'Rusalka' zur Verfügung stellen 
            konnte.
 So inszenierte er munter drauflos und stellte auf die Bühne, was ihm 
            so einfiel.
 
 Bei den Endproben bemerkte er dann auch nicht, dass alles, was da 
            ablief, nichts mit dem Stück zu tun hatte, was der Text auf der 
            Übertitelungsanlage vorgab.
 
 Leider versäumte auch Herr Dr. Klügl – in Hannover als 
            Theaterdirektor für die Oper zuständig - einzugreifen und diese 
            Übertitel abzuschalten, denn so wurde auch dem Publikum klar, dass 
            der Regisseur am Stück - hier 'Übergang von der Märchenoper zum 
            symbolistischen Musikdrama' hin oder her - vorbei tätig war.
 
 Dadurch wurde alles noch deutlicher, dass die Inszenierung - es 
            stand zwar ein handwerklich hervorragendes Bühnenbild zur Verfügung, 
            das im ersten und letzten Teil des Stückes einen Leichenschauraum 
            mit mehreren herumrollbaren Leichentragen und einer mitten auf der 
            Bühne positionierten Wendeltreppe mit sie ummantelnden vertikalen 
            Stäben sah - aber den Text des Werkes nicht umsetzte.
 
 Neben der Treppe ein Gebäude, das wie ein Eingang zu einer 
            U-Bahn-Station mit aufgesetzter voll funktionsfähiger Uhr - wie am 
            Kröpke in Hannover - aussah.
 
 An dem Zeitmesser ließ sich klar ablesen, dass die Szene an den Mond 
            um
 12 Uhr 15 spielte, um
 12 Uhr 20 der Auftritt der Hexe folgte, um
 12 Uhr 25 war Rusalka klar, auf was sie sich einließ.
 12 Uhr 30 kam der Prinz,
 12 Uhr 40 waren sich die beiden soweit einig,
 12 Uhr 45 konnte noch von einer Eheschließung ausgegangen werden, 
            als um
 12 Uhr 47 plötzlich Rusalka das Gewehr des eben noch die weiße 
            Hirschkuh jagenden Prinzen gegen ihn erhob, was der mit der 
            unausgesprochenen Warnung: 'Schieß nicht, ich bin der Tauber' 
            abwenden konnte.
 
 Für den Auftritt im zweiten Teil muss - nach Vorgabe der Hexe - die 
            Sängerin ihre Stimme verlieren und - falls die ganze Sache nicht 
            klappt - der Geliebte sterben.
 
 In eben dieser zweiten Abteilung sah man einen - auch wieder von den 
            Werkstätten hervorragend ausgeführten - umgitterten Treppenausgang.
 
 Jemand tritt von rechts mit einem riesigen Geweih am Kopf auf (hat 
            der sich aus Falstaff oder den 'Lustigen Weibern von Windsor' 
            verirrt?).
 Eine Magd schabt Rüben oder sind es Heringe (?) - man bereitet eine 
            Festivität vor, die sich dann auch in großem Chorauftritt zeigt.
 Da es Rusalka ja 
            auf Anordnung der Hexe die Stimme verschlug, ist die Sache dann 
            leider nicht so geworden wie die Sopranistin es sich vorstellte. Es mischt plötzlich eine schwarz gewandete Dame mit, die sich an den 
            Prinzen ranschmeißt und die Wassernixe verdrängt. Diese sieht ihre 
            Felle davon schwimmen und will in ihren Teich, sprich das 
            Leichenschauhaus, zurück.
 
 Es gelingt durch Umbau auf offener Szene, denn das Bühnenpodium 
            fährt rauf und runter und schon ist man wieder im Leichenkeller.
 Nun hat sie aber die Sache ohne die Hexe entschieden, die das Ende 
            des Prinzen verlangt, damit Rusalka sich wieder frei im Wasser 
            tummeln kann.
 
 Der Prinz erscheint, aber Rusalka traut sich nicht, mit dem Messer 
            auf ihn einzustechen, so küsst Rusalka ihn und das reicht schon, 
            dass sich der Tenor von sich aus entschließt, auf einer Leichentrage 
            rechts am Bühnenportal zu sterben.
 
 Die Wassernixe Rusalka sitzt auf einem Stuhl in gebührendem Abstand 
            vom dann toten Prinzen und wartet darauf, dass endlich vor diesem 
            obskuren Gemache in einem völlig - auf diese Oper bezogen - 
            inakzeptablen Bühnenbild, der Vorhang fällt.
 
 
    
	 
            Quintessenz:
 Der Einführungsvortrag des Chefdramaturgen führt nur zu 
            Irritationen.
 Ersten kann man die Menge der Worte, ohne die Szene gesehen zu 
            haben, nicht umsetzen.
 Zweites werden Hinweise auf das Inszenierungskonzept gegeben - wie 
            die Geschichte des Golem oder den Entdecker der Syphilis -, die dann 
            nicht erkennbar werden.
 
 Wer die Vorstellung so - in ihrer Verfälschung des Werkes zu Lasten 
            des Steuerzahlers - und nur mit Lektüre des heimischen Opernführers 
            vorbereitet, besucht, erlebt sein blaues Wunder.
 
 Nichts stimmt mit dem übertitelten Text überein. Die Sänger 
            hantieren da auf der Bühne in einer Szenerie, die im ersten und 
            letzen Teil vielleicht die U-Bahn-Station am Kröpke nach einem 
            Unfall der U-Bahn, mit abstellten Opfern zeigt, aber nicht die Oper, 
            deren Text Dvorak vertonte.
 So stellt sich die Frage, ist das Irreführung und damit eine 
            Straftat?
 
 
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 Fortsetzung von Seite 14, Heft zwölf, 
    Ausgabe Dezember 2017
 
 
 Lohengrin
 Die 
    Quellen -
    Literarische und 
    historische Grundlagen
 
    Ausgabe März 2018 
    Richard Wagner steht immer wieder in schriftlichem Kontakt zu seiner Umwelt 
    und stellt seine Gedanken vor. 
    Auch in Bezug auf den Lohengrin führt er Korrespondenz und so teilte er 
    seinem Bruder mit, wie er immer wieder Sorge trug, einmal keinen Stoff zur 
    Vertonung zur Verfügung zu haben und in Bezug auf den Lohengrin sich zwar am 
    ursprünglichen Werk orientiert habe,  
    aber  “Meine Erfindung u. Gestaltung hat bei dieser 
    Schöpfung den größten Anteil: das altdeutsche Gedicht, welches uns diese 
    hochpoetische Sage bewahrt hat, ist das dürftigste und platteste, was in 
    dieser Art auf uns gekommen ist, und ich fühle mich in der Befriedigung des 
    Reizes sehr glücklich, die fast ganz unkenntlich gewordene Sage aus dem 
    Schutt u. Moder der schlechten, prosaischen Behandlung des alten Dichters 
    erlöst u. durch eigene Erfindung u. Nachgestaltung sie wieder zu ihrem 
    reichen, hochpoetischen Werte gebracht zu haben.” 
    (Aus einem Brief 
    Wagners an seinen Bruder Albert, Marienbad, 4. August 1845, Sämtliche Briefe 
    1842 – 1849, Leipzig 1970) 
    Was RW nun mit ‚das dürftigste und platteste’ gemeint hat, ist nicht 
    festzustellen und es ist kaum vorstellbar, dass er dies nun auf den 'Baierischen 
    Lohengrin' bezog, den er ja nach Mareinbad als Kur-Lektüre mitgenommen 
    hatte, der allerdings tatsächlich sehr stark ausholt bei der Beschreibung 
    von Geschehnissen an den jeweiligen Höfen, der aber dann doch mit der Sage 
    nach den Brüdern Grimm zur Grundlage Richard Wagner’s Fassung wurde. 
    RW hält sich nicht 
    zurück mit Eigenlob. Zweifelsohne hat er die Handlung gestrafft und durch 
    neue Elemente verdichtet, wozu die Erfindung der Ortrud beiträgt. 
    Anfänglich wehrte er sich gegen die Arbeit am Lohengrin, obwohl ihn
     “diese Erscheinung mich wohl rührte, keineswegs 
    mich aber zunächst schon bestimmte, diesen Stoff zur Ausführung mir 
    vorzubehalten.”  
    Und er geht noch weiter, wenn er sagt, dass  “auch 
    weil die Form, in der Lohengrin mir entgegentrat, einen fast unangenehmen 
    Eindruck auf mein Gefühl machte” er noch Abstand nahm, sich mit 
    dem Stoff näher zu befassen. 
    Selbst wenn ihn die Sorge sehrte, kein Sujet mehr zu haben, das er hätte zur 
    Vertonung vorsehen zu können, “am allerwenigsten 
    war es haushälterische Sparsamkeit. die mich etwa vermocht hätte, den 
    gesammelten Vorrat nicht umkommen zu lassen”. 
    Suchen wir nach einer Begründung, warum der Stoff so geradezu abstoßend auf 
    ihn wirkte, so gibt ihn RW in erstaunlich drastischer Weise selber, denn
     “Das mittelalterliche Gedicht brachte mir den 
    Lohengrin in einer zwielichtig mystischen Gestalt zu, die mich mit Mißtrauen 
    und dem gewissen Widerwillen erfüllte, den wir beim Anblicke der 
    geschnitzten und bemalten Heiligen an den Heerstraßen und in den Kirchen 
    katholischer Länder empfinden.” 
     
    Es ist zu bedenken, dass dieser Text aus einer Mitteilung an meine Freunde 
    aus dem Jahr 1851 stammt, er zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre im Exil 
    zugebracht und inzwischen auch die Feuerbach’sche Lehre kennen gelernt 
    hatte, also er mit einer anderen Überzeugung dem christlichen Glauben 
    gegenüber stand, als noch zur Zeit der Entstehung des Lohengrin in 
    unmittelbarer Folge des Tannhäuser mit seinen deutlichen Elementen der 
    katholischen Kirche und ihrer Heilslehre. 
    In Bezug auf die Dichtung wird er sehr deutlich, wenn er die Herkunft des 
    Stoffes für sich darlegt mit  “Lohengrin ist kein 
    eben nur der christlichen Anschauung entwachsenes, sondern ein uralt 
    menschliches Gedicht; wie es überhaupt ein gründlicher Irrtum unserer 
    oberflächlichen Betrachtungsweise ist, wenn wir die spezifisch christliche 
    Anschauung für irgendwie urschöpferisch in ihren Gestaltungen halten. Keiner 
    der bezeichnendsten und ergreifendsten christlichen Mythen gehört dem 
    christlichen Geiste, wie wir ihn gewöhnlich fassen, ureigentümlich an: er 
    hat sie alle aus den rein menschlichen Anschauungen der Vorzeit übernommen 
    und - nur nach seiner besonderen Eigentümlichkeit gemodelt.” 
    Hatte er noch beim 
    Tannhäuser die Grimm’sche Sage übernommen in all ihrer kirchenbezogenen 
    Deutlichkeit und das Thema noch durch das Auftreten der Elisabeth als Nichte 
    des thüringischen Landgrafen als ‚Erlöserin’ überhöht, so spricht er sechs 
    Jahre nach der Uraufführung des Tannhäusers und ein Jahr nach der 
    Uraufführung des Lohengrin eine andere Sprache und teilt diese Überlegungen 
    der Welt in der Form mit, dass er nach der ersten Lektüre des Themas in 
    Paris 1842 und  “erst als der unmittelbare Eindruck 
    dieser Lektüre sich mir verwischt hatte, dann der Grimm’schen 
    Sagen,  wie er aus dem läuternden Forschungen der 
    neueren Sagenkunde hervorgegangen ist [...] tauchte die Gestalt des 
    Lohengrin wiederholt und mit wachsender Anziehungskraft vor meiner Seele auf 
    [...].” 
    So hatte er für sich in Anspruch genommen, “daß ich 
    den Lohengrin-Mythos in seinen einfacheren Zügen und zugleich nach seiner 
    tieferen Bedeutung als eigentliches Gedicht des Volkes kennen lernte,” und 
    “nachdem ich ihn so als ein edles Gedicht des sehnsüchtigen menschlichen 
    Verlangens ersehen hatte, das seinen Keim keineswegs nur im christlichen 
    Übernatürlichkeitshange, sondern in der wahrhaftesten menschlichen Natur 
    überhaupt hat, ward diese Gestalt mir immer vertrauter; und der Drang,” 
    das Thema aufzugreifen und zur Dichtung und Vertonung zu führen immer 
    deutlicher. 
    RW nimmt gänzlich für sich in Anspruch, den Stoff von allem Ballast einer 
    kirchen-katholischen Überfrachtung befreit zu haben und
     “von dem widerspruchsvollen Wesen dieses 
    Einflusses sie so zu läutern, daß wir das rein menschliche, ewige Gedicht in 
    ihnen zu erkennen vermögen, dies war die Aufgabe des neueren Forschers, die 
    dem Dichter zu vollenden übrigbleiben mußte.” 
    (Aus: Eine Mitteilung an meine Freunde, 1851, 
    In Kenntnis der 
    Situation der Gralsritter legt RW und für die Welt fest, dass
     [...] Lohengrin [...] das Weib [...], das an ihn 
    glaubte, [...] suchte [...] das nicht früge, wer er sei und woher er komme, 
    sondern ihn liebte, wie er sei und weil er so sei, wie er ihm erschiene. Er 
    suchte das Weib, dem er sich nicht zu erklären, nicht zu rechtfertigen habe, 
    sondern das ihn unbedingt liebe. Er mußte deshalb seine höhere Natur 
    verbergen, denn gerade eben in der Nichtaufdeckung, in der Nichtoffenbarung 
    dieses höheren - oder richtiger gesagt: erhöhten - Wesens konnte ihm die 
    einzige Gewähr liegen, daß er nicht nur um dieses Wesens willen bewundert 
    und angestaunt, oder ihm, als einem Unverstandenen, anbetungsvoll demütig 
    gehuldigt würde, wo es ihn eben nicht nach Bewunderung und Anbetung, sondern 
    nach dem einzigen, was ihn aus seiner Einsamkeit erlösen, seine Sehnsucht 
    stillen konnte: nach Liebe, nach Geliebtsein, nach Verstandensein durch die 
    Liebe, verlangte. Mit seinem höchsten Sinnen, mit seinem wissendsten 
    Bewußtsein wollte er nichts anderes werden und sein als voller ganzer; warm 
    empfindender und warm empfundener Mensch, nicht Gott, d. h. absoluter 
    Künstler: - So ersehnte er sich das Weib, - das menschliche Herz.” 
    Oder sieht er in dem 
    'Unverstandenen, dem anbetungsvoll demüthig gehuldigt würde’ und 'Gott’ sich 
    selber wegen des Unverständnisses, das das Publikum ihm entgegenbringt oder 
    das fehlende Verständnis seiner Frau für seinen Weg des Musiktheaters? 
    Warum nun RW aus einer 
    Gestalt, die aus einer Bruderschaft wie der Gralsgemeinschaft geradezu 
    ausbricht, dann zu einem Gott, dem absoluten Künstler hochstilisiert, kann 
    nur in seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein gesucht werden.  
    Es ist von der 
    Forschung gerade in dieser Hinsicht immer wieder unternommen worden, den 
    Bogen vom Gott-Künstler-Richard-Wagner-Lohengrin zu dem Unverständnis seiner 
    Umwelt ihm gegenüber zu schlagen.  
    Ob dies sich so 
    unbedingt aus den Worten der ‚Mitteilung an meine Freunde’ aus dem Jahr 1851 
    ableiten lässt oder man auch sagen könnte ‚es steht doch deutlich zwischen 
    den Zeilen’, ist nicht mit absoluter Sicherheit festzulegen. 
    Dass RW das 
    überirdische Wesen Lohengrin dann ohnmächtig Ortrud und der Welt aussetzt, 
    in die dieser sich doch so unbedingt und zu einem Weib wünschte und damit 
    der Gefahr des Scheiterns aussetzte, ist fast nur unter dem Aspekt der 
    dramaturgischen Stärkung des theatralischen Ausdrucks zu sehen. 
     
    RW braucht 
    “das Staunen der Gemeinheit, das Geifern des Neides 
    [was ...] seine Schatten bis in das Herz des liebenden Weibes [wirft]; 
    Zweifel und Eifersucht bezeugen ihm, daß er nicht verstanden, sondern nur 
    angebetet wurde, und entreißen ihm das Geständnis seiner Göttlichkeit, mit 
    dem er vernichtet in seine Einsamkeit zurückkehrt. [...] Elsa ist das 
    Unbewußte, Unwillkürliche, in welchem das bewußte, willkürliche Wesen 
    Lohengrins sich zu erlösen sehnt; dieses Verlangen ist aber selbst wiederum 
    das unbewußt Notwendige, Unwillkürliche im Lohengrin, durch das er dem Wesen 
    Elsas sich verwandt fühlt.” 
    Die Quellen geben RW 
    alle dichterische Freiheit und damit die Möglichkeit, den Schluss in ein 
    Verbleiben Lohengrins in Brabant zu ändern, aber durch das Einfügen der 
    dramatischen Gestalt der Ortrud mit ihrem Andersdenken schafft er die 
    Möglichkeit, von der Verstrickung Elsas in den Zwang für Lohengrins Rückkehr 
    in den Gral abzulenken und die Last des Unglücks von der reinen Frau 
    abzuleiten und dem gegnerischen Paar aufzubürden. 
    Und so meint er mit der Aussage, Ortrud sei  “ein 
    Weib, das die Liebe nicht kennt. Hiermit ist alles, und zwar das 
    Furchtbarste, gesagt. Ihr Wesen ist Politik. Ein politischer Mann ist 
    widerlich, ein politisches Weib aber grauenhaft: diese Grauenhaftigkeit 
    hatte ich darzustellen.” grundsätzlich feststellen zu können, 
    dass damit die Basis für Ortruds Handeln gelegt sei. 
    Mit dem "ein politischer Mann ist widerlich"
    spricht er sich selber die Legitimation ab, in Dresden auf die 
    Barrikaden gegangen zu sein oder ist  die 1852 geäußerte Ansicht die 
    eines Bekehrten oder gilt es nur Stimmung für eine Amnestie zu machen. 
    Spricht RW vom 
    'widerlichen’ politischen Mann, so gibt er an dieser Stelle doch wieder den 
    Kommentar als politischer Mann ab, wenn er - emotional überzogen - seinen 
    Nichterfolg bei der Revolution in Dresden eingestehen muss. 
    Ortrud sah - und dies wird ausführlich an anderer Stelle dargelegt - 
    genügend Entwicklungen in ihrem Umfeld, wie die Gesellschaft unter dem 
    Einfluss der Kirche in Westeuropa Schäden anrichtete, die sich heute im 21. 
    Jahrhundert noch immer unter dem Einfluss der christ-katholischen Kirche in 
    ihrer ganzen Brutalität auswirken. 
    “Es 
    ist eine Liebe in diesem Weibe, die Liebe zur Vergangenheit, zu 
    untergegangenen Geschlechtern, die entsetzlich wahnsinnige Liebe des 
    Ahnenstolzes, die sich nur als Haß gegen alles Lebende, wirklich 
    Existierende äußern kann [...] .” 
    Die ‚entsetzlich wahnsinnige Liebe zur Vergangenheit’ bedeutet für RW das 
    Beharren auf alten Regeln nur aus reiner Opposition ohne Ziel. 
    Ortrud hingegen versucht durch ihre Einflussnahme eben durch das Anrufen 
    der 'längst verschollenen Götter’ auf Werte 
    hinzuweisen, die heute nicht mehr personifiziert dargelegt werden, sondern 
    in entsprechenden politischen Richtungsvorgaben für Umweltschutz, Antworten 
    auf Frauenfragen, Lösungen von Problemen der Überbevölkerung ihren 
    Niederschlag finden. 
    “Nicht Eifersucht auf 
    Elsa - etwa um Friedrichs willen - bestimmt daher Ortrud, sondern ihre ganze 
    Leidenschaft enthüllt sich einzig in der Szene des zweiten Aktes, wo sie - 
    nach Elsas Verschwinden vom Söller - von den Stufen des Münsters aufspringt 
    und ihre alten, anruft [...] Aber dies ist keine eigensinnige, kränkelnde 
    Laune bei Ortrud, sondern mit der ganzen Wucht eines - eben nur 
    verkümmerten, unentwickelten, gegenstandslosen - weiblichen Liebesverlangens 
    nimmt diese Leidenschaft sie ein: und daher ist sie furchtbar großartig.” 
    Heute, 150 Jahre nach 
    der Uraufführung und 155 Jahre nach dem Entstehen der Prosafassung und der 
    Text-Dichtung ist es unverständlich, dass damals eine Frau abgetan wurde, 
    weil sie angeblich die Liebe nicht kannte. Und obwohl sie die Liebe nicht 
    kannte, ist Ortrud bei RW furchtbar großartig. Sein Frauenbild – an anderer 
    Stelle abgehandelt – sah nur die kränkelnde, sich dem Mann mit unbedingtem 
    Gehorsam unterordnende Gattin oder 
    Im Gegensatz dazu die 
    'femme fatale‘. 
    Die handelnde Frau ist 
    bei RW immer die Außenseiterin. 
    
    “Jede Äußerung ihres Hohnes, ihrer Tücke muß die ganze Gewalt des 
    entsetzlichen Wahnsinns durchblicken lassen, der nur durch die Vernichtung 
    andrer oder durch eigene Vernichtung zu befriedigen ist.” 
    Somit ist auch 
    verständlich, warum RW die Rolle in der Vertonung der Text-Dichtung so 
    angelegt hat.  
    Sie ist zu besetzen 
    mit einem kraftvollen Mezzosopran, der über die ausreichende Tief und 
    Mittellage, aber auch in den dramatischen Höhen-Passagen über die notwendige 
    Durchschlagskraft verfügt.  
    Die schauspielerische 
    Darstellung steht in diesem Zusammenhang mit der Rollen-Interpretation 
    Richard Wagners, wenn er sagt:  “Nicht das mindeste 
    Kleinliche darf daher in ihrer Darstellung vorkommen; niemals darf sie etwa 
    nur maliziös oder pikiert erscheinen.” 
    Die Forschung hat sich bisher mit der Rolle der Ortrud nicht weiter 
    auseinander gesetzt.  
    Die Hintergründe ihres Handelns sind auch mit den wenigen Aussagen des 
    Text-Dichters und Komponisten Richard Wagner - zumal sie zu anderen 
    Zeitpunkten als während der Entstehung des Werkes in der Zeit vom 11. Juli 
    1845 bis 28. April 1848 abgegeben wurden - nicht geklärt. 
     (Wird fortgesetzt) 
    
	 
 
    
       
    Die Frauenrollen in der neapolitanischen Oper
 Stimmfach und Charakter
 
 Fortsetzung aus Heft 11 
    / 2017 – Seite 19
 
     2.3 Die Sängerinnen
 
 Im Jahre 1484 hatte Papst Innozens VIII. seine Hexenbulle erlassen, Heinrich 
    Istitoris und Jakobus Sprenger als Inquisitoren in Deutschland eingesetzt, 
    in deren bis ins 18 Jahrhundert wirkendem Buch 'Malleus maleficarum' auch 
    ein Kapitel über die Frauenstimme nicht fehlen durfte.
 
 "Wie nämlich die Frau von 
    Natur lügnerisch ist, so auch beim Sprechen. Denn sie sticht und ergötzt 
    zugleich: daher wird auch ihre Stimme dem Gesange der Sirenen verglichen, 
    welche durch ihre süße Melodie die Vorübergehenden anlocken und dann töten. 
    Sie töten, weil sie den Geldbeutel entleeren, die Kräfte rauben und Gott zu 
    verachten zwingen..."
 
 Es folgen zahlreiche Bibelzitate, u.a. Prediger 7:
 
 "Ich fand das Weib 
    bitterer als den Tod; sie ist die Schlinge des Jägers; ein Netz ist ihr 
    Herz; Fesseln sind ihre Hände; wer Gott gefällt, wird sie fliehen; wer aber 
    ein Sünder ist, wird von ihr gefangen werden."
 
 Es ist bitterer als der Tod, d.h. der Teufel. 1775 war die letzte 
    Hexenhinrichtung in Deutschland (Kempten).
 
 Immerhin gesteht Immanuel Kant den Frauen eine begrenzte Daseinsberechtigung 
    zu, denn:
 
 "Das Frauenzimmer hat ein 
    vorzügliches Gefühl vor das Schöne so ferne es ihnen zukommt, aber vor das 
    Edle in so weit es am männlichen Geschlechte angetroffen wird. Der Mann 
    dagegen hat ein entschiedenes Gefühl vor das Edle, was zu seinen 
    Eigenschaften gehört, vor das Schöne aber, in so ferne es an dem 
    Frauenzimmer anzutreffen ist. Daraus muß folgen, daß die Zwecke der Natur 
    darauf gehen, den Mann durch die Geschlechterneigung noch mehr zu veredeln 
    und das Frauenzimmer durch eben dieselbe noch mehr zu verschönen. Ein 
    Frauenzimmer ist darüber wenig verlegen, daß sie gewisse hohe Einsichten 
    nicht besitzt, ... sie ist schön und nimmt ein und das ist genug."
 
 Kant, Immanuel:
 'Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen'
 Werke in 12 Bänden hrsg. von W. Welschedel Bd. II
 Frankfurt/M 1960/61
 
 
 Eine ähnliche Sicht der wegen der 'Natur' ihrer Gattung zu kulturellen 
    Leistungen nicht fähigen Frau beschreibt J.J. Rousseau:
 
 "Junge Mädchen müssen 
    sofort an Zwang gewöhnt werden, damit er sie nie etwas kostet; sie müssen 
    daran gewöhnt werden, alle ihre Launen zu beherrschen, um sie dem Willen der 
    anderen unterzuordnen. .... Aus diesem gewohnheitsmäßigen Zwang entsteht 
    eine Gefügigkeit, deren die Frauen ihr ganzes Leben bedürfen, da sie niemals 
    aufhören, unterworfen zu sein, sei es einem Mann oder dem Urteil der Männer, 
    und es ihnen nie erlaubt ist, sich über dieses Urteil zu erheben. Die erste 
    und wichtigste Qualität einer Frau ist die Sanftmut."
 
 Rousseau, Jean Jaques:
 'Emile oder über die Erziehung'
 Stuttgart 1970
 
 "Sowohl im römischen Recht als auch in den verschiedenen deutschen 
    Rechtsbüchern, wie dem Sachsenspiegel und Schwabenspiegel, erscheint die 
    Frau als Eigentum des Mannes, unter der Vormundschaft des Vaters oder eines 
    Verwandten, und war sie verwitwet, auch unter der Vormundschaft ihres 
    Sohnes. Sie war nicht rechtsfähig und hatte keine Verfügungsgewalt über ihr 
    Vermögen. Diese Geschlechtsvormundschaft läßt sich bis ins 19. Jahrhundert 
    nachweisen, so wurde sie auf dem Gebiet Bayerns erst 1861 aufgehoben."
 
 Aber noch
 
 "dreimal, 1973, 1982 und 1990 verweigerten die Appenzeller Männer den Frauen 
    standhaft und stur den Zugang zur Landsgemeinde, zur alljährlichen 
    Volksversammlung, auf der gewählt und über kantonale Angelegenheiten 
    abgestimmt wird." Getreu ihrem Wahlspruch: "Erst der Mann, dann die Kuh, 
    dann - mit gebührendem Abstand - die Frau".
 (Fredy Steiger In 'Die Zeit' vom 7.12.90)
 
 
 Ein Terrain aber, das nicht mit der Faust zu erkämpfen war, sondern mit der 
    Stimme und der Kunst der Verwandlung haben sich die Frauen trotz aller 
    Anfeindungen schon früh erkämpft und nicht mehr verlassen: die Bühne.
 
 In seinem Essay: 'Die Frau als Schauspielerin' schreibt Julius Bab:
 
 "Es gibt eine Kunst, die 
    die Frau nicht als gelegentliche Ausnahme, als Helferin, als Kraft zweiten 
    Ranges beschäftigt, sondern an der von vornherein, in jeder Epoche, bei 
    jeder Gesellschaftslage, die Frau den vollsten, ebenbürtigen Anteil hat, und 
    in der mit vollster Ebenbürtigkeit Frauen die höchstmögliche Spitze 
    erreichen, die Männern zugänglich ist. Diesen ganz einzigen Platz im Umkreis 
    unserer gesamten Kultur nimmt die Schauspielkunst ein. Hier handelt es sich 
    nicht um beliebig zahlreiche Einzelausnahmen, nicht um Individuen, die sich 
    dem Grundsatz von der Aneignung der Frau zum Werkschaffen kraft größerer 
    Nähe an den männlichen Pol entziehen - hier steht auf bestimmtem Gebiet eine 
    ganze Gruppe von Frauen als große, als regelmäßige Ausnahme da. Als 
    Schauspielerin ist die Frau dem Manne seit langem ebenbürtig gewesen, und 
    die höchsten Werke der Schauspielkunst in unseren Tagen sind vielleicht von 
    den schönen Händen einer Frau geschaffen.
 So lange ist die Schauspielerin dem Schauspieler ebenbürtig, wie es eine 
    Menschendarstellungskunst im heutigen Sinne überhaupt gibt: d.h. eine 
    persönliche, geistige und gemütliche Kräfte offenbarende, auf Erlebnis 
    bestimmter Menschlichkeiten zielende, auf dramatischer Dichtung aufgebauter 
    Körper-Bewegungskunst .... Wie das echte, im Grundsinne seiner Form 
    vollkommene, das nur im sprechenden Menschen offenbarte Drama, so ist auch 
    die Schauspielkunst erst in der Renaissance geboren worden; und fast im 
    selben Augenblick ist auch die Schauspielerin da. Bei den verschiedenen 
    Nationen freilich verschieden schnell. Italien hat schon im frühen Barock 
    (um 1600) in Isabella Andreini ein Stegreifkomödiantin, der Tasso und Ariost 
    Verse widmen, die der Kardinal Aldobrandini zur Tafel lädt, und die mit 
    ungeheuerem Erfolg am Hof von Versailles gastiert.
 Zwei Generationen später hat die englische und französische Bühne 
    Schauspielerinnen von persönlicher Physlognomle. Shakespeare hatte für 
    seine eben erst aus der mittelalterlichen Tradition gelösten Bühne 
    bekanntlich noch keine weiblichen Darsteller; aber schon Corneille sah all 
    seine Heldinnen von Aktricen dargestellt.
 Bald darauf führt der Magister Velten in Deutschland zuerst bei seiner 
    Truppe Schauspielerinnen ein und wiederum eine Generation später erhält 
    Deutschland in der Person der Karoline Neuber die erste bedeutende weibliche 
    Persönlichkeit seiner Theatergeschichte. Seitdem ist die ebenbürtige 
    Herrschaft der Frau in der Bühnenkunst nie wieder angefochten worden."
 
    Bab, Julius:'Die Frau als Schauspielerin'
 Berlin 1915, Seite 24 - 26
 
 
 Auf der Opernbühne setzten sich die Sängerinnen trotz Überlegenheit der 
    Kastraten im Umfang und der Tonstärke durch Geläufigkeit und Geschmeidigkeit 
    der Stimme, also mit den Gaben der Natur, durch, und Tosi rühmt:
 
 "wie Frauen, wenn sie 
    sich bemühen, nach denselben Gesetzen eine Kunst lernen können, wie sie 
    selbst bei Männern von Ruf und Ansehen selten sind."
 
 Browe, Peter S.J.:
 Zur Geschichte der Entmannung
 Breslau 1946, Seite 88 - 90
 
 Die Namen der Sängerinnen, die sich neben Kastraten behaupten konnten und 
    sie allmählich verdrängten, haben bis heute ihren Glanz behalten, sei es 
    auch nur in Anekdoten, die genüsslich wiederholt werden. Immer aber sollte 
    man bedenken, in welch feindlichem Klima diese Frauen gearbeitet haben. Aus 
    der stattlichen Zahl bedeutender Interpretinnen, denen man in den 
    Hofchroniken begegnet (z.B. Moritz Fürstenau's Geschichte der Musik und des 
    Theaters am Hofe des Kurfürsten von Sachsen) greife Ich vier 
    Weltberühmtheiten heraus, deren Lebensläufe uns ein Bild des Musiklebens der 
    Zeit geben.
 
 
 2.4 Biographien berühmter Sängerinnen
 
 Marianna Bulgarelli-Benti, Sopran,
 genannt 'La Romanina' geb. 1648, gest. 1734,
 
 sang in den damaligen Musikmetropolen, vor allem in Rom, Genua, Neapel und 
    Venedig. sie trat dort in den für diese Epoche modernen Opern von A. 
    Scartatti, C.F. Pollarolo, L. Leo, Fr. Gasparini und anderer Meister auf, 
    als deren Interpretin sie hohes Ansehen genoss.
 Eine 
    schicksalhafte Begegnung ließ sie mit Pietro Metastasio bekannt werden, 
    dessen künstlerische Fähigkeiten sie erkannte und ihn veranlasste, bei N. 
    Porpora Gesang und Komposition zu studieren. Auch wies sie ihm den Weg zur 
    Operndichtung und trat In seinen Stücken auf. 1730 ging sie nach Wien, 
    konnte dort aber nicht an ihre Erfolge in Italien anknüpfen. So kehrte sie 
    nach Italien zurück, wo sie sich in Rom zur Ruhe setzte.
 
 2. 
    Faustina Bordoni-Hasse, Sopran (Mezzo), geb. etwa 1695, gest. 1781,
 
    stammte aus Venedig und war Schülerin von F. Gasparini und B. Marcello. 1716 
    hatte sie ein geradezu sensationelles Debüt in der Oper 'Ariodante' von C.F. 
    Pollarolo In Venedig. Sie entfaltete dann eine brillante Karriere an den 
    großen italienischen Opernbühnen dieser Epoche und wurde als die neue 
    Sirene' apostrophiert. 1719 hörte man sie in Venedig zusammen mit Francesca 
    Cuzzoni und dem Kastraten Bernacchi; 1722 gastierte sie in Neapel und 
    Florenz, wo man für sie eigens eine Medaille prägte. 1723 triumphierte sie 
    in München, 1725 in Wien. 
    Händel holte sie 1726 (für eine Jahresgage von 2500 Pfund Steriing) an die 
    von ihm geleitete italienische Oper in London, die im King's Theatre am 
    Haymarket unter dem Namen einer Royal Academy of Music auftrat. Das Debut 
    als Sängerin am 5.5.1726 in der Uraufführung von Händels 'Allessandro' wurde 
    ein überwältigender Erfolg für die Sängerin. 
    Allgemein bewunderte man ihre unfehlbare Gesangstechnik, ihre musikalische 
    Intelligenz und ihre aparte Bühnenerscheinung. Dies führte zu turbulenten 
    Auseinandersetzungen mit der bisherigen Primadonna des Ensembles, Francesca 
    Cuzzoni. Die Handgreiflichkeiten der beiden Kämpferinnen während einer 
    Aufführung der Oper 'Astianatte' von Bononcini am 6.6.1727 wurde in der 
    Beggar's Opera, die 1728 herauskam, satirisch in der Szene Polly - Lucy 
    vorgeführt. 
    Faustina Bordoni blieb Siegerin in dem Streit und sang in weiteren 
    Uraufführungen von Händelopern. 
    11.02.1727 Admeto, Re di Tessaglia, 
    22.11.1727 Riccardo 1, Re d'lnghilterra, 
    17.02.1728 Siroe 
    30.04.1728 Tolomeo. Nach 
    dem Zusammenbruch der Academy of Music ging Faustina nach Auftritten in 
    Paris, Mailand und München wieder nach Venedig zurück. Dort heiratete sie 
    den deutschen Komponisten Johann Adolf Hasse (1699-1739). Als 
    dieser 1731 zum Direktor der Dresdner Hofoper ernannt wurde, ging Faustina 
    Bordoni als gefeierte Primadonna an diese Bühne. Sie wirkte dort bis zu 
    Ihrem Rücktritt von ihrer Karriere 1751 mit anhaltendem Ruhm und sang in 
    zahlreichen Opern, die ihr Gatte für sie schrieb. 1742 
    sang sie in einer Galavorstellung anläßlich des Staatsbesuches von König 
    Friedrich II. und seines Bruders, des Prinzen Heinrich in der Oper 'Lucio 
    Papirio, Dittatore'. 
    Später gastierte sie auf Einladung des Königs in Berlin in 'Didone 
    abbandonata' von J.A. Hasse. 1764 sang sie bei den Krönungsfeierlichkeiten 
    Kaiser Joseph II. in Wien, wo sie von 1760 -1773 lebte und unterrichtete. Ihre 
    letzten Lebensjahre verbrachte Faustina in Venedig, wo sie am 4. November 
    1781 verstarb, ohne daß die Welt, die einst so erfüllt von ihr war, Notiz 
    davon nahm. Ihre 
    Stimme war nach heutigem Begriff ein Mezzosopran im Umfang von d'- a", von 
    großer Beweglichkeit und Leuchtkraft, dessen Stimmbiographie wir an den für 
    sie geschriebenen Arien ablesen können. Zudem priesen ihre Zeitgenossen (Oh. 
    Burney, A. Zeno, P. Metastasio, de Brosses, Scheibe, u.a.) ihre achtbare 
    Persönlichkeit, ihre Würde, - le sue cortesi e gentili maniere,- die sie 
    befähigte, die heldenhaften und pathetischen Gestalten ihres Repertoires zu 
    verkörpern. Aus 
    ihrer letzten Opernproduktion in Dresden sei als Beispiel hier die Arie der 
    Attilia 'Goder con me' aus Attllio Regolo erwähnt. An 
    dieser Arie läßt sich - trotz des nicht allzu großen Tonumfangs - die 
    außerordentliche Beweglichkeit von Faustina Bordonis Stimme ablesen, die sie 
    in der damaligen musikalischen Welt zur Berühmtheit machten.   3. 
    Vittoria Tesi-Tramontini, Alt, geb. 1700 in Florenz, gest. 1775 in Wien,
 
    studierte bei Francesco Redi in Florenz und In Bologna bei Campeggio. 1716 
    erfolgte Ihr Debut in Parma, 1717 war sie sehr erfolgreich in Bologna, 
    1718-19 wiederholten sich diese Erfolge bei Auftritten in Venedig, 1719 kam 
    sie an den Dresdner Hof, von wo sie auch in Polen gastierte. in den 
    zwanziger Jahren ist sie wieder In Italien anzutreffen. So werden von ihr 
    1727 glanzvolle Auftritte im Mailand gemeldet. Als das Teatro San Carlo am 
    4.11.1737 mit 'Achilie in Sirio' von Sarro eröffnet wurde, sang sie darin 
    eine Hauptrolle. 1739 war sie in Mailand. 1747-50 hatte sie große Erfolge in 
    Wien, wo sie sich danach als gesuchte Gesangslehrerin betätigte. Der 
    Komponist und Berliner Hofkapellmeister Johann Joachim Quantz beschreibt 
    ihre Stimme als 
    "einen 
    Contralto von männlicher Kraft" und 
    rühmt ihren Vortrag von Musikwerken Händels. Charles Burney berichtet von 
    ihr 
    "Durch die Aktion aber die Zuschauer einzunehmen, 
    schien sie geboren zu sein, absonderlich in Mannsrollen, als welche sie zu 
    ihrem Vorteil fast am glücklichsten ausführte.' 
       4. 
    Francesca Cuzzoni, Sopran, geb. etwa 1700 in Parma, gest. 1770 in Bologna,
 war 
    die Tochter des Violinisten Angelo Cuzzoni, wurde durch Petrinio Lanzi 
    ausgebildet und ihr Debut erfolgte 1716 in ihrer Heimatstadt Parma. Nachdem 
    sie in Bologna und Venedig mit glänzenden Erfolgen aufgetreten war, wurde 
    sie 1722 durch den Impresario John Heidegger für das nach damaliger 
    Vorstellung riesige Jahresgehalt von 2000 Pfund Sterling an das King's 
    Theatre am Londoner Haymarket engagiert. Als sie nicht zeitig dort erschien, 
    schickte Heidegger ihr seinen zweiten Cembalisten Pier Guiseppe Sandoni 
    (1680-1748) entgegen, um sie nach London zu bringen. Auf der Reise dorthin 
    heirateten die beiden. In London setzte sie sich vor allem für das 
    Opernschaffen Händels ein und wirkte in zahlreichen Uraufführungen mit. 
      
        | 23.01.1723 | 'Ottone, Re di Germania' 
        als Teofane, |  
        | 02.03.172(3?) | 'Giulio Cesare' als 
        Cleopatra, |  
        | 31.10.1724 | 'Tamertano' als Asteria, |  
        | 13.02.1725 | 'Rodelinda' in der 
        Titelrolle, |  
        | 05.05.1726 | 'Alessandro' als Lisaura. |  Nach 
    dem skandalösen Streit mit Faustina Bordoni während der Oper 'Astianatte' 
    von Bononcini am 6.6.1727 musste sie mit ihrem Mann, von dem sie sich 1737 
    trennte, London verlassen. Sie ging jetzt nach Venedig, dann nach Wien, kam 
    aber 1734 nach London zurück, wo sie jetzt im Lincoln's Inn Fields Theatre, 
    das Händels Gegenspieler Nicola Porpora, mit seiner Truppe bespielte, 
    auftrat. Sie bleib hier bis 1737, sang um 1740 in der Operntruppe der Brüder 
    Mingotti in Deutschland, kam 1748 nochmals nach London zurück, fand dort 
    aber keinen Anklang mehr und mußte 1750 endgültig England verlassen. Sie 
    verarmte jetzt sehr schnell, wurde in Holland wegen ihrer Schulden ins 
    Gefängnis gesperrt und mußte schließlich in Bologna als Knopfmacherin ihr 
    Brot verdienen. 
    Johann Joachim Quantz beschriebt ihre Stimme, die den Ehrennamen 'Die 
    goldene Leyer' trug, so: 
    
    "Ein reiner, angenehm 
    klingender Sopran, einen klare Intonation und ein feiner Ausdruck; der 
    Stimmumfang reicht vom c' bis c".
 Der Belcantismo, war also die Frucht einer denkwürdigen Leistung, die 
    Vokalisten, Instrumentalisten und Komponisten gemeinsam, sich gegenseitig 
    ergänzend, fördernd und anstachelnd, auf dem Gebiet der Phantasie, der 
    virtuosen Technik erbrachten. Das italienische 'Melodramma' entwickelte sich 
    hedonistisch und virtuosistisch, weil es ein Kind seiner Zeit war. Damit 
    stellte es durchaus nicht ein isoliertes Phänomen dar; die gesamte Musik der 
    barocken Ara war virtuosistisch und hedonistisch ausgerichtet; sie wollte 
    die gleichen Emotionen, das gleiche Staunen erwecken, wie die Dichter, 
    Maler, Bildhauer und Architekten.
 
 Ebenso staunenswert waren die Frauen, die nach strenger Erziehung fähig 
    waren, erfolgreich Leistungen auf der Bühne zu erbringen, Instrumente zu 
    beherrschen, zu dichten, zu komponieren und sich der Gelehrsamkeit zu 
    widmen, fragt doch Christian Franz Paulini in seinem Traktat:
 
 'Das Hoch- und 
    Wohlgelahrte Teutsche Frauenzimmer' (1705).
 "Ob nemlich das Weibliche Geschlecht am Verstand dem Männlichen von Natur 
    gleich, auch zu Verrichtung Tugendamer Wercke und Thaten ebenso fähig und 
    geschickt sey."
 
 Die großen Sängerinnen des 18. Jahrhunderts, von denen ich nur einige 
    erwähnt habe, deren Wirken aber in Hof- und Stadtarchiven nachzulesen ist, 
    haben sich einen unvergänglichen Platz in der Operngeschichte erkämpft, die 
    scholastische Weiblichkeitsbestimmung als 'animal imperfectum' (Thomas von 
    Aquin) überwunden, denn sie wurden als Mitglieder der compagnia anerkannt 
    und waren Partnerinnen von Autoren und Komponisten.
 Da sich aber die Kirche, selbst die Protestantische, noch gegen ihre 
    Mitwirkung sträubte, schrieb Joh. Mattheson In den 'Critica musica' 
    (1722-25)
 
 "Es steht nicht zu begreifen, warum man diesem schönen 
    Geschlechte verbieten will, das Lob Gottes an dem dazu gewidmeten Orte 
    öffentlich in seinem Munde zu führen. Sagt einer: die Person singt in der 
    Opera; so singen ja auch Männer allda. Sagt der andere: sie ist zu hübsch; 
    so müssen nur alle affige Gesichter aus der Kirche bleiben. Sagt der Dritte: 
    sie singt garzu lieblich; so hat man ja Ursache, Gottes Wunder in der 
    Menschenstimme zu preisen etc.
 Summa, ich bleibe noch wie vor 12 Jahren bei den Worten stehen, daß wir die 
    Gaben Gottes mit Füßen treten, wenn wir unter nichtigen heuchlerischen 
    Vorwänden kein Frauenzimmer zur Kirchenmusik lassen und den Gottesdienst 
    also seines besten Schmuckes berauben."
 
 Mattheson, Johann:
 'Der vollkommene Kapellmeister'
 Hamburg 1739
 Nachdruck, 1954, Kassel, Band 2, Seite 230
 
 
 (wird fortgesetzt)
 
    
	 
  
 
 Leserbrief
 
 Sehr geehrte Frau Prof. Marie-Louise Gilles,
 
 ich bin seit einiger Zeit Bezieher Ihres Mitteilungen. Ich bin in den 60er 
    Jahren über eine Anstellung als Beleuchtungstechniker im Opernhaus Hannover 
    zum Musiktheater gekommen. Mein letzter Besuch im Opernhaus galt "Hänsel und 
    Gretel“, Ende Dezember 2017. Aber nur, weil die Oper noch in der 
    Inszenierung von Steffen Tiggleler aufgeführt wurde.
 
 Im Übrigen will ich Ihren Anmerkungen, was die Kritik am Regisseurtheater 
    betrifft, inhaltlich vollständig zustimmen. Vieles habe ich selber erlebt, 
    inclusive einer „Abwatschung“ durch Dr. Klügl, bei einer Fragestellung zum 
    „Freischütz“. Bei ihm treffen offenbar die Eigenschaften „Publikumshasser“ 
    besonders zu. Kann eine Stadt so einen Intendanten (Künstlerisches 
    Betriebsbüro?) halten, die sich um einen Titel „Kulturhauptstadt" bemüht?
 
 Kulturarbeit kann keine Nische sein, in der dorthin platzierte und bestallte 
    Leute tun und lassen können, was sie wollen. Schließlich greifen sie oft in 
    klassische Kunstwerke ein, verzerren sie und reißen sie aus dem Kontext der 
    Schöpfungszeit, wobei deren Autoren sich oft nicht mehr wehren können.
 
 Ich habe mit meiner Frau und Bekannten lange Jahre ein Abonnement für das 
    Opernhaus belegt. Nachdem sich immer mehr die Verfremdung klassischer 
    Opernwerke abgezeichnet hat, haben wir die Abo’s gekündigt. Wobei wir nichts 
    gegen zeitgenössisches Theater haben, wir haben uns seinerzeit an modernen 
    Werken erfreut.
 
 Ich schlage deshalb die Entwicklung eines Ethik-Grundsatzes vor, nachdem ein 
    vorgelegtes (klassisches) Werk prinzipiell nicht aus dem Kontext seiner 
    Schöpfungszeit verändert werden darf, weil es i.d.R. zu einer Veränderung 
    der Werkaussage führt. Das soll die Freiheit der Kunst nicht einschränken, 
    nur einen Bestandsschutz bewirken. Wir schrauben ja auch an einen 
    Barocktisch keine Gummirollen.
 
 Ihr Journal lese ich mit großem Interesse, insbesondere die Vitae vieler, 
    mir noch bekannter, Schauspieler, aber auch Ihre Beschreibung der aktuellen 
    Situation im Musiktheater. Kleine Kritik: Sie schreiben von „Tänzerinnen“ 
    und „Tänzer“. Ich halte das für etwas übertrieben: „Tänzer, die“ umfasst 
    Personen beiderlei Geschlechts. (—> "Christen" und „Christinnen"?)
 
 Mit freundlichen Grüßen
 Bruno Hanne
 
 
 Nachtrag
 
 
    
    Hallo Frau Gilles,
 wenn es nützlich ist können die Mail gern als Leserbrief veröffentlichen. 
    - Auch gekürzt, wenn Sie wollen, das machen ja die Zeitungen auch.- Aber 
    bitte nicht anonym, wir wollen uns doch nicht auf das Niveau von facebook 
    begeben.
 Ihr Vorschlag, einen Artikel für das Heimatland zu schreiben, ist sehr gut. 
    Sie erreichen ca. 4000 Leser und vor allem die Generation, die noch im 
    klassischen Theater schwelgen konnte.
 
 Noch eine Anregung: Ich habe nicht nur Opern sondern auch Sprechtheater auf 
    der großen Bühne erlebt, z.B. "Die Physiker", "Prinz Friedrich von Homburg", 
    "Mutter Courage und ihre Kinder", u.v.m. Das waren packende Inszenierungen 
    in Hannover. Vielleicht könnten Sie die Stückbeschreibungen 
    (Inszenierungen?) in die „Mitteilungen“ schreiben.
 Und „Mutter…“ könnte man, wg. des "runden“ Kriegsendes, mal wieder auf den 
    Spielplan setzen auch weil es die Situation in den aktuellen Kriegsgebieten 
    abbildet.
 
 Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, dass ich Sie nicht in der 
    Sonntagsruhe gestört habe.
 
 Bruno Hanne
 Stellvertr. Präsident u. Schriftführer Hematbund 
    Niedersachsen e.V.
 
 
    
	 
    
     
 „Möge Gott dich vor dieser Oper beschützen“, 
    schrieb Puccini an seine Freundin Sybil Seligman über seine zweite Oper 
    Edgar, mit der ihm kein Glück beschieden war. Das Werk war bei der 
    Uraufführung 1889 an der Scala beim Publikum durchgefallen, woraufhin 
    Puccini zahlreiche Änderungen vornahm und den vierten Akt strich.
 Mehr als 40 Minuten Musik – und zwar die beste des Werks. Gestrichen 
    aufgrund vermeintlicher Schwächen des Librettos. Das ewige Herumfeilen an 
    der Partitur verwehrte Edgar schließlich die Aufnahme in den Kanon von 
    Puccinis All-time-Opera-Hits. Teile des verworfenen vierten Akts verwendet 
    der Komponist in späteren Instrumental- und Vokalwerken, das Duett Amaro sol 
    per te m’era il
 morire! recycelte er 1900 für seine Oper Tosca. Ist Puccinis Bühnenerstling 
    Le Villi von 1884 noch deutlich der Romantik verhaftet, hat Edgar bereits 
    alles, was Puccini später und bis heute zu einem der meistgespielten 
    Opernkomponisten machte.
 Aber das Werk blieb ein „Ladenhüter“, lange Zeit galt der vierte Akt als 
    verschollen. Erst als sich 2007 die amerikanische Puccini-Expertin Linda B. 
    Fairtile daran machte, den erhaltenen Klavierauszug zu reorchestrieren, 
    rückte Simonetta Puccini (1929–2017), die exzentrische Enkelin des 
    Komponisten, die unversehrte Partitur heraus.
 
 Simonetta, die uneheliche Tochter von Puccinis Sohn Antonio, klagte durch 
    alle Instanzen, bis sie endlich im Alter von 66 Jahren den Namen „Puccini“ 
    tragen durfte, jahrzehntelang prozessierte sie
 um die Villa ihres Großvaters in Torre del Lago.
 Im Juni 2008 wurde der vierte Akt von Edgar konzertant unter Riccardo 
    Chailly beim Puccini-Festival in der Nähe von Lucca wiederaufgeführt. Nicht 
    die Mailänder Scala, nicht Covent Garden und nicht die MET brachten vier 
    Wochen später Puccinis „Ur-Edgar“ szenisch heraus, sondern das Teatro Regio 
    Torino. Unverständlich auch, und ein unglaublicher Glücksfall für 
    Regensburg, dass sich Berlin, Hamburg und München die Möglichkeit der 
    deutschen Erstaufführung entgehen ließen.
 2016 stand in Dortmund die vieraktige Fassung von Edgar als konzertante 
    Aufführung auf dem Spielplan.
 Ferdinando Fontanas Libretto nach einem Poème dramatique von Alfred de 
    Musset mag zwar hinreichend absonderlich sein, schlecht ist es nicht.
 Liebe, Eifersucht, Rache, Vortäuschung des eigenen Todes, Brandstiftung, 
    Mord – Fontanas Vorlage hat alles, was das pralle Opernleben braucht, 
    ausmacht und ist. Seine Rollengestaltung der „maurischen Waisen“ Tigrana ist 
    unverkennbar inspiriert von Bizets Carmen. Müßig darüber zu spekulieren, ob 
    Puccinis Oper tatsächlich ungleich erfolgreicher gewesen wäre, wenn sie – 
    verdientermaßen
 und wie Opernenthusiasten nicht müde werden zu beteuern – den Titel Tigrana 
    erhalten hätte.
 Im Mittelpunkt des Stücks, das im Flandern des Jahres 1302 spielt, steht der 
    dem Alkohol verfallene Edgar, der sich mit dem engen Dorfleben und der 
    treuen Liebe seiner Verlobten Fidelia nicht zufrieden gibt. Erst flüchtet er 
    sich mit der Außenseiterin Tigrana in ein ausschweifendes Leben, bald darauf 
    wendet er sich dem anderen Extrem zu: Er geht zum Militär. Als siegreicher 
    Held kehrt er in sein Heimatdorf zurück – doch seine einstmals verzweifelte 
    Suche nach Halt hat sich in zerstörerische Selbstgerechtigkeit gewandelt.
 Das Regieteam Hendrik Müller und Marc Weeger, das in der letzten Spielzeit 
    mit großem Erfolg Moritz Eggerts Oper Freax auf die Bühne gebracht hat, 
    kehrt ans Theater Regensburg zurück und zeichnet Edgars Transformation vom 
    Außenseiter zum glühenden Fanatiker in einem dystopischen Zukunftsszenario 
    nach.
 
 Zur Stückeinführungs-Matinee am Sonntag, 22. April um 11:00 Uhr
 im Neuhaussaal ist der Eintritt frei.
 Einführung in Werk und Inszenierung finden jeweils 30 Minuten
 vor jeder Vorstellung im Foyer Neuhaussaal statt.
 Es singen und spielen: Yinjia Gong, Mario Klein, Seymur Karimov / Adam 
    Kruzel, Anikó Bakonyi, Vera Egorova-Schönhöfer, der Opernchor und der 
    Cantemus-Kinderchor (Einstudierung Alistair Lilley) sowie das 
    Philharmonisches Orchester Regensburg.
 Die musikalische Leitung hat Tetsuro Ban, es inszeniert Hendrik Müller, für 
    Bühne und Kostüme zeichnet Marc Weeger verantwortlich.
 
 Edgar
 Oper in vier Akten von Giacomo Puccini (1858–1924),
 Libretto von Ferdinando Fontana.
 Deutsche szenische Erstaufführung der vieraktigen Fassung.
 Sa, 28. (Premiere) und Mo, 30. April, 19:30 Uhr
 im Theater am Bismarckplatz
 
    
  
    
    
  
 
    Wilfried Minks
    …. am 13. Februar 2018 in Berlin gestorben
 
 
      
        |   | 
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        “Die Bühnenbilder von Minks in Bremen waren immer Bestandteil der Regie. 
        Sie nahmen dem Spiel der Schauspieler alle Zufälligkeiten. Einfälle, die 
        nicht vom Stücktext getragen wurden, gab es hier nie. Die Arrangements, 
        Worte und Gesten mussten höchst genau sein und hatten auf der nackten 
        Bühne gegenüber dem jeweiligen Spielgerüst sozusagen den Wahrheitsbeweis 
        anzutreten. Minks wollte weg vom Kulissenillusionismus, er schuf immer 
        realistische Räume, auch wenn es künstliche Raumwelten waren.“
 
 Klaus Völker – Mitglied der Akademie der Künste
 |  
    Ja, damals in Bremen!
 Ja, ich war dabei!
 Sentimentales Getue liegt mir nicht und früher war ja auch nicht alles 
    besser, aber die Jahre in Bremen bei Intendant Kurt Hübner waren prägend, 
    unvergesslich.
 Wir waren ein Ensemble-Theater im besten Sinne.
 Wir kannten unsere Kollegen vom Schauspiel, vom Ballett – besuchten 
    gegenseitig unsere Vorstellungen, arbeiteten miteinander, profitierten 
    voneinander.
 
 Das Publikum, die überaus wachen Bremer Bürger, liebten und feierten uns, 
    luden uns nach Premieren ein oder schrieen Proteste wie “Aufhören“ gegen 
    missglückte Inszenierungen – wie bei einer ’Frau Luna’ des Regisseurs K., 
    der leider nach Frankfurt und Bayreuth ’gehyped’ wurde.
 
 Wieviele Schauspieler hatte Kurt Hübner in Bremen versammelt, die wir heute 
    als seltene Stars im Fernsehen erleben z.B. Bruno Ganz, die sich heute rar 
    machen auf den Bühnen, um den Erniedrigungen des Regisseurstheaters zu 
    entgehen.
 Wir, das Opernensemble sangen nicht nur im Theater, wir waren in den großen 
    Konzerten im Dom dabei z.B. bei einer unvergesslichen 
    
    ’Glagolytischen 
    Messe’ 
    von Leos Janáček,
    
    den Passionen und Kantaten, wir 
    waren bei Radio Bremen mit Klaus Bernbacher dabei und so durfte ich in der 
    Truppe des Erfinders des ’FLUXUS’ Wolf Vostell, im Funkhaus mit einem Rudel 
    kanadischer Wölfe heulen, Salatblätter kauen, wobei das Geräusch mit einem 
    Mikro an meiner Backe aufgenommen wurde. Das alles machte einen Mordsspaß 
    und schließlich kam noch Stockhausen dazu.
 Wir führten unter der Leitung von Klaus Bernbacher ’Gurre-Lieder’ und die 
    ’Erwartung’ von Arnold Schönberg auf.
 In diesem Brodeln von Talenten unter den ordnenden Händen des Intendanten 
    Kurt Hübner und GMD Hans Wallat erlebte ich ’Orpheus und Eurydike’ und den 
    ’Troubadour`im Bühnenbild und in den Kostümen von Wilfried Minks.
 Im Rückblick war der ’Orpheus` ein Wunder an ewig gültiger Ästhetik (siehe 
    Titelbild der Nr. 2 der ’Mitteilungen’) und der ’Troubadour’ eine 
    phantastische optische Reise durch die Glücks-Phantasien und Ängste der 
    Figuren.
 Das alles hatte Sinn im Dienst des Werkes, und so denke ich gerne an die 
    Zusammenarbeit mit Wilfried Minks zurück.
 
 ML Gilles
 
    
  
    
    
    Kommentar
 In den 1970er 
    Jahren schrieb sich die Sopranistin Ileana Cotrubas den Frust von der Seele, 
    als es mit dem Regisseurstheater anfing.
 Sie wurde als Sängerin, die ja angeblich keine Ahnung von Regie hat, in der 
    Luft zerrissen.
 
 
      
        |  | 1973 stieg sie in Wien aus einer 
        Neueinstudierung der Oper Eugen Onegin aus, 1980 ebenso bei den Proben 
        zu Don Pasquale an der Metropolitan Opera.1981 drohte sie aus einer 
        Produktion der Oper La Traviata an der Metropolitan Opera auszusteigen, 
        weil sie mit der szenischen Neueinrichtung des Regisseurs John Dexter 
        nicht einverstanden war.
 
        1987 wandte sie sich nach einer 
        Aufführung der Oper La traviata am Opernhaus Zürich in einer Ansprache 
        an das Publikum und bat um Nachsicht, dass sie in dieser für sie optisch 
        unbefriedigenden Inszenierung des Regisseurs Nicolas Joel und des 
        Bühnenbildners Pet Halmen hatte auftreten müssen.
 Quelle: Wikipedia
 
 
 |  
    Gelegentlich äußert sich heute der Eine oder der Andere, der nicht oder 
    nicht mehr von Regisseuren oder Intendanten abhängig ist, zur Lage der 
    Theater. Am 1. März 2018 erschien ein Interview in der Berliner Morgenpost, 
    in dem René Kollo bekannt gibt, dass er nochmals auf Tournee gehen will.Das ist der eine Punkt.
 
 Er sagt auch, dass er nicht mehr in die Oper geht, weil er nach zehn Minuten 
    schon böse sei, weil er gleich sehe, was alles falsch ist. Und wenn er dann 
    in der Mitte der Reihe sitze, dann könne er ja nicht gleich wieder 
    rausgehen, zumal alle ihn kennen. Und da gehe er eben gar nicht mehr hin.
 
 Die heutige Regie sei zum größten Teil Unsinn. Es würden nicht die Stücke 
    inszeniert, sondern der Regisseur inszeniere sich selber und fülle sein 
    Bankkonto.
 
 Wenn er heute in ’Tristan’ oder in ’Traviata’ gehe, dann habe das, was da 
    gezeigt werde, meist mit den Werken nichts mehr zu tun.
 
 In Bayreuth habe er ’Rheingold’ gesehen und nach der Vorstellung mit viel 
    Rotwein zwei Stunden gebraucht, bis er wieder Mensch wurde.
 
 Zitat
 “Den 
    hätte ich umbringen können. So viel Dummheit habe ich in meinem Leben noch 
    nie gesehen, dazu war es beschissen musiziert. Es war ein furchtbarer 
    Abend.“
 Zitatende
 
 © 
    heerrufer.de
 
    
	 
 
    Schlussbemerkung
 Der Krieg 
    gegen das Publikum wird von den Intendanten und ihren Regie-Lieblingen ohne 
    Rücksicht
 auf Wirtschaftlichkeit und Zerstörung der Kunstform Theater geführt.
 Gedrechselte ’Soziologen-Sprech-Artikel’ füllen die Programmhefte der 
    Schauspieltheater und verbreiten sich epidemisch schleichend auch ins 
    Musiktheater. In unverschämter Selbstüberschätzung drängen uns Autoren und 
    Regisseure ihre Kindheitstraumata auf, für die wir sie zwar bedauern, aber 
    wer will sich in Inszenierungen sich über Ekel-Performances ärgern?
 Ist die Oper der Austragungsort ’sozioästhetischer’ Grundsatzfragen?
 Ist das Werk, das Textdichter und Komponist mit größter Verantwortung 
    geschaffen haben, nichts als ein Abbruchgebäude, an dem sich die 
    Herrschaften per Dekonstruktion und Umfunktionierung, per Verheutigung, per 
    Herunterbrechen, per Politisierung, per Sexualisierung, per Trivialisierung 
    auch
 noch zu unseren Lasten durch Verschwendung von Steuergeldern zu schaffen 
    machen?
 
 Oft frage ich mich, wieso dieser plumpe Unfug den meisten Dirigenten 
    gleichgültig ist. Sie haben den Blick in der Partitur und im Orchester, 
    schnippen sekundenschnell einen Einsatz zu den Sängern auf
 die Bühne, die Musik ist schön, egal ob der Zuschauerraum voll oder leer 
    ist.
 
 Dass sich Christoph von Dohnanyi in Berlin von einer Neuenfels’schen 
    Scheußlichkeit distanziert und
 die ’Salome’ wegen "Künstlerischer Differenzen" nicht dirigiert, ist ein 
    mutiger Schritt. Ob der erfahrene alte Herr, der alles in seinem Leben 
    genossen hat, auch genügend Kollegen aufweckt, ist mehr als wünschenswert.
 
 In einem Aufsatz über ’Parsifal’ von 1983 schreibt mein unvergesslicher 
    Lehrer an der Folkwanghochschule und späterer Intendant, Günther Roth, für 
    den die Bühne immer ein Ort der Ästhetischen Inspiration und des Zaubers 
    war, der uns Mitwirkende und das Publikum über die miese kleine Welt 
    hinaushob:
 
 “Warum nun gerade Wunder dem Wundertheater Oper nicht anstehen sollen, 
    sondern sich durch eben dieses Medium ganz selbstverständlich ergeben – ’das 
    macht den Meistern Pein.“
 
 Unsere heutigen Regisseure würde er wohl nicht mehr mit einem charmanten 
    Meistersinger-Zitat bedenken, denn sie haben das Publikum so verärgert, dass 
    die Theater leer sind.
 
 Am 17. Februar 2018 pries die HAZ die Produktion ’Der Freischütz’ in ihrer 
    Gruppierung ’AboPlus’
 an: “Gewinnen Sie Ticket für die Oper ’Freischütz’“.
 Trotz aller Bemühungen blieb der dritte Rang an jenem 6. März 2018 wieder 
    einmal geschlossen. Und dies nicht wie das Nds. Ministerium für Kultur und 
    Wissenschaft in mehreren Schreiben glauben machen will ’aus künstlerischen 
    Gründen’, sondern weil das Publikum die ’Freischütz’-Produktion schon seit 
    2015, ihrem erstmaligem Erscheinen, ablehnt und laut Kassenpersonal kaum 
    Karten im Falle der Wiederaufnahme abgesetzt werden können.
 
 Der untenstehende Bildschirm-Ausdruck zeigt, wie wenig besucht die Nds. 
    Staatsoper Hannover am
    6. März 2018 anlässlich der Wiederaufnahme des ’Freischütz’ war.
 Alles, was farbig – rot, grün, gelb, blau dargestellt ist, zeigt die nicht 
    verkauften Karten zwei Stunden vor Beginn der Vorstellung am 6. März 2018.
 Nur die grau kenntlich gemachten Plätze waren zu dem Zeitpunkt abgesetzt 
    worden.
 Der dritte Rang war von vorn herein  geschlossen.
 
 ML Gilles
 
    
	 
 
 
  
  
      
    
	 
 erscheint als 
    Printmedium als nichtkommerzielles Beiblatt zu
 
 
  
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